Wohin wenden sich Flugpassagiere, wenn sie ihre Rechte verletzt sehen? Ganz einfach: Vom 1. November an gilt die bereits etablierte öffentliche Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr auch für Flugreisende.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Ob Kofferverlust, Verspätung, Umbuchung oder verpasste Anschlussflüge – für geschädigte Reisende ist es bis jetzt oft mühsam und teuer, ihre berechtigten Ersatzansprüche gegen häufig widerwillige Fluggesellschaften durchzusetzen. Ab 1. November wird sich das ändern. Dann sind Airlines verpflichtet, ein außergerichtliches Schlichtungsverfahren durchzuführen. Das erspart Verbrauchern viel Zeit, Ärger und Kosten.

 

Lange Zeit konnte sich die Flugbranche jedoch auf kein einheitliches Verfahren verständigen. Doch nun ist der Durchbruch gelungen. Die unabhängige Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) in Berlin soll auch für Flugreisende die Schlichtung übernehmen. „Das ist eine gute Nachricht“, sagt SÖP-Chef Heinz Klewe. Man habe sich mit den Branchenverbänden BDL, BDF und Barig geeinigt, dass deren in- und ausländische Mitglieder dem Trägerverein beitreten und sich am Schlichtungsverfahren beteiligen. Klewe verspricht Unternehmen und Verbrauchern „eine Schlichtung mit Augenmaß“. Die drei Verbände bestätigen in einer gemeinsamen Mitteilung die Einigung. Kunden bekämen nun die Möglichkeit, Beschwerden auch außergerichtlich zu klären“, erklärte BDL-Präsident Klaus-Peter Siegloch. Barig-Generalsekretär Michael Hoppe sagte, man habe den Mitgliedern empfohlen, der SÖP beizutreten.

Damit gibt es künftig eine einzige gemeinsame Anlaufstelle für alle Reisenden, die Beschwerden haben und Entschädigung wollen. Die SÖP gilt als bewährte Institution, die für Bahn-, Bus- und Schiffsreisende und mehr als 200 Unternehmen Streitfälle erfolgreich schlichtet. Für den Verbraucher ist das Verfahren kostenlos – und anders als das Unternehmen ist der Kunde nicht verpflichtet, den Vorschlag des Schlichters anzunehmen. Der Klageweg steht dem Betroffenen weiter offen.

Grundsätzlich müssen sich die Geschädigten jedoch zunächst an das betreffende Verkehrsunternehmen wenden und versuchen, dort ihre Ansprüche geltend zu machen. Falls dabei kein zufriedenstellendes Ergebnis herauskommt, können nun erstmals auch Flugreisende bei der Berliner SÖP solche Streitfälle außergerichtlich und kostenfrei klären lassen.

Nur für private Flüge nach dem 1. November

Wichtig dabei: der neue Schlichtungsanspruch gilt nur für private Flüge ab dem 1. November 2013, die in Deutschland starten oder landen. Rund 3500 Altfälle, die bereits bei der SÖP liegen, sind noch immer ungeklärt, weil zahlreiche Airlines die außergerichtliche Schlichtung verweigerten. Schon die Teilnahme bei der früheren Schlichtungsstelle Mobilität, die von der Bundesregierung gefördert wurde, lehnten Lufthansa, Air Berlin und viele andere Anbieter ab.

Nach Schätzung von Experten lassen sich die Bundesbürger jedes Jahr stattliche Entschädigungen entgehen, weil die Ansprüche nicht durchgesetzt werden. Laut einer Studie von der Firma EU-Claim, die Ansprüche für Geschädigte gegen Entgelt durchsetzt, sind täglich in Deutschland durchschnittlich 33 000 Fluggäste von Verspätungen um mehr als 30 Minuten betroffen. Die Organisation Flightrights hat errechnet, dass in einem Jahr 1,3 Millionen Passagiere stark verspätet ankamen und deshalb Anspruch auf 665 Millionen Euro auf Entschädigung gehabt hätten.

Einen ersten Durchbruch konnte SÖP-Chef Klewe im Frühjahr erzielen. Ausgerechnet der Billigflieger Ryanair, der immer wieder durch rüde Geschäftsmethoden in die Schlagzeilen geriet, trat im März als erste Airline der SÖP bei und akzeptiert die Schlichtungsvorschläge. Als vorbildlich bei Streitfällen gilt besonders die Deutsche Bahn, die sich seit Jahren an den außergerichtlichen Schlichtungsstellen im Interesse ihrer Kunden beteiligt hat.