Sie sind uralt – und trotzdem für viele Menschen was ganz Neues: fast vergessene Getreidesorten wie Emmer und Einkorn. Forscher der Universität Hohenheim haben allerlei Feldversuche gemacht und werben für Anbau und Verzehr.

Hohenheim - Die Römer aßen kein Brot, sondern Brei. Der war allerdings nicht aus Weizen oder Dinkel, sondern aus einem Getreide, das es in Europa eigentlich gar nicht mehr gibt. Doch auf den Versuchsfeldern der Universität Hohenheim wuchs bis vor Kurzem die Urform des heutigen Weizens wieder – im Dienst der Forschung. Bernd Habeck und Friedrich Longin von der Landessaatzuchtanstalt der Hochschule wollten herausfinden, ob der Emmer oder das noch ältere Einkorn unter heutigen Marktbedingungen kommerziell genutzt werden können.

 

Der Grund, warum der Emmer in Europa anderen Getreidesorten gewichen ist, liegt in der Beschaffenheit des Korns. Der Emmer ist ein sogenanntes Spelzgetreide. Sein Korn ist von Schichten umschlossen und so besser vor Umwelteinflüssen geschützt. Das macht es aber schwieriger, an das Korn, das zu Mehl verarbeitet werden soll, heranzukommen. Bauern benötigen eine sogenannte Gerbmühle, um das Korn von den umliegenden Schichten – den sogenannten Spelzen – zu trennen. Auch das Einkorn bringt weit geringere Erträge als der heute angebaute Weizen. Doch in jüngster Vergangenheit ist das Interesse an Emmer- und Einkornprodukten wieder gestiegen. „Viele Kunden haben Lust auf etwas Neues. Außerdem sind die Inhaltsstoffe interessant“, sagt Friedrich Longin.

Mit mancher Dinkelsorte durchaus vergleichbar

Der Anbau von Emmer und Einkorn ist dennoch bisher ein Randphänomen. Die Wissenschaftler haben bei ihrer Forschung verschiedene Sorten Emmer und Einkorn mit den bedeutenden Dinkelsorten und zwei Weichweizensorten verglichen. Das Getreide wurde sowohl auf herkömmliche Weise als auch auf ökologische angebaut.

Die Forscher stellten fest, dass die alten Getreidesorten ganz unterschiedlichen Ertrag erbrachten. Im Durchschnitt lag beispielsweise der Emmer zwar 20 Prozent unter dem der angebauten Dinkelsorten. Doch die Emmersorten Ramses und Heuholzer Kolben schnitten bei der Ernte vergleichbar ab wie die Dinkelsorte Oberkulmer Rotkorn. Auch diese macht Bauern wegen ihrer Größe gewisse Probleme, diese sind aber beispielsweise durch das Kürzen des Halms lösbar.

Der Landwirt solle Emmer genauso anbauen wie die Dinkelsorte Oberkulmer Rotkorn, dann werde es ziemlich sicher klappen, lautet der Ratschlag der Wissenschaftler. Künftig könnten neue Züchtungen der alten Getreidesorten viele Probleme beim Anbau beseitigen, glauben die Hohenheimer Forscher. Dabei müsse darauf geachtet werden, die artspezifischen Eigenschaften zu bewahren, aber den Ertrag und die Standfestigkeit der Pflanze zu steigern. „Einkorn zeichnet sich zum Beispiel durch viele interessante Inhaltsstoffe aus“, sagt Friedrich Longin.

Einkorn und Emmer werden wichtiger

Auch einige heute verfügbaren Sorten würden sich nach Ansicht der Forscher für den Anbau eignen und außerdem über gute Backeigenschaften verfügen. Entscheidend für eine stärkere Nutzung ist aus Sicht der Hohenheimer Wissenschaftler die Entwicklung von Partnerschaften, beispielsweise zwischen Landwirten und Müllern. „Ideal wäre es, wenn der Bedarf an den alten Getreidesorten für die Landwirte berechenbarer werden würde“, sagt Friedrich Longin. Der Wissenschaftler ist sich sicher, dass sowohl Einkorn als auch Emmer in fünf Jahren eine größere Rolle auf dem Markt spielen werden.

Gleichwohl sieht Longin diese Sorten auch in der Zukunft als Nischenprodukte. „Der Emmer könnte allerdings irgendwann so beliebt werden wie heute der Dinkel“, mutmaßt der Hohenheimer Forscher. Als Brei – wie das die Römer taten – dürfte ihn dann allerdings wohl kaum jemand genießen.