Die Stadt zahlt dem Forum Hospitalviertel Geld dafür, dass es sich an Plänen fürs Quartier beteiligt.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

S-Mitte - Das Forum Hospitalviertel soll zum Vorbild für die gesamte Stadt werden. Seit zehn Jahren bemüht sich der Verein darum, zwischen den Bewohnern des Quartiers und den Ämtern zu vermitteln, insbesondere den Stadtplanern. Gemeinsames Ziel ist, die in historischen Zeiten reiche Vorstadt wieder zu einem lebenswerten Stadtteil umzubauen.

 

Die Arbeit der Ehrenamtler gilt als wertvoll – im Wortsinn. Bisher einmalig ist, dass die Stadt die freiwilligen Planer nicht nur mitreden lässt, sondern sie für ihre Arbeit sogar bezahlt. 17 000 Euro jährlich fließen von der Stadt- in die Vereinskasse. Dieser Vertrag besteht seit fünf Jahren und soll um weitere zwei Jahre verlängert werden. So werden eben „Sanierungsmittel nicht nur in Steinen angelegt, sondern auch in Personen. Der Verein ist unser Sprachrohr ins Gebiet“, sagte der Stadtplaner Martin Holch den Bezirksbeiräten von Mitte. Zumindest dort regte sich kein Widerspruch gegen die Verlängerung – im Gegenteil. „Wir können nur danken für dieses Engagement“, sagte Annegret Breitenbücher für die Grünen. Der Satz gilt für das gesamte Gremium.

Der Verein ist vor zehn Jahren gegründet worden

Den größten Teil des Geldes verwendet der Verein, um seine Geschäftsführerin Gabi Stein zu bezahlen. Deren Honorar von 25 Euro pro Stunde ist für eine Architektin nicht gerade üppig gerechnet. Hinzu kommt Anteile an der Büromiete und an den Materialkosten. Im Rathaus gilt die Arbeit des Forums als vorbildlich. Nachahmer sind ausdrücklich willkommen. Das Hospitalviertel „ist ein bisschen ein Modell, von dem wir hoffen, dass es sich auf andere Gebiete übertragen lässt“, sagt Martin Holch.

Ob es erstrebenswert ist, dem Forum Hospitalviertel nachzueifern, scheint allerdings Ansichtssache. Der Verein ist vor zehn Jahren gegründet worden. Derzeit sind Vorentwürfe für den Umbau von Straßen und Plätzen im Gespräch. Ob der Gemeinderat dafür in den nächsten Haushaltsberatungen Geld bewilligen wird, ist offen. Die Zusammenarbeit mit den offiziellen Stellen im Rathaus „war für uns eine wertvolle Erfahrung“, sagt Eberhard Schwarz, der Vorsitzende des Vereins. „Wir haben einiges lernen dürfen, auch über politische Prozesse und deren Geschwindigkeit.“

Ein Lob der Baustelle

Nicht jeder Neubau ist Grund zur Freude. Dass ein historisches Wengerterhaus an der Firnhaberstraße einem Geschäfts- und Wohnhaus weichen muss, gilt dem Forum Hospitalviertel als Misserfolg. So ist es im Jahresbericht des Vereins zu lesen.

Ansonsten ist den Forumsmitgliedern jede Baustelle ein Grund zur Freude. Der Umbau des Quartiers, weg von einer grauen Bürolandschaft, hin zu einem lebenswerten Innenstadtviertel, ist das Ziel, das bei der Vereinsgründung vor zehn Jahren ausgerufen wurde – weshalb der Jahresbericht im Wesentlichen aus einer Liste von Baustellen besteht. Von denen gab und gibt es viele. Die augenscheinlichste ist die zum Neubau des Hospitalhofs, für den im Februar 2013 das Richtfest geplant ist. Einen Kurzspaziergang weiter ist das Hotel Wartburg bereits renoviert. Dagegen stockte die Arbeit an einem Neubau am Hospitalplatz wegen der Insolvenz eines Generalunternehmers. Das ist nur ein Auszug dessen, was als Zeichen der Erneuerung gelistet ist.

Als aktuelle Aufgabe haben sich die Vereinsmitglieder auferlegt, sich selbst und die Bewohner an den Plänen für die Verschönerung von Wegen und Plätzen zu beteiligen. Denn bisher sind es ausschließlich Privatbesitzer, die im Quartier Baustelle um Baustelle eröffnen. Als zusätzliche Aufgabe für die fernere Zukunft gilt dem Forum, die Entwicklung zu verhindern, die unter dem Schlagwort Gentrifizierung zusammengefasst wird – dass sich also das Wohnen in einem modernisierten Quartier derart verteuert, dass letztendlich dessen alteingesessene Bewohner infolge der steigenden Preise verdrängt werden.