Die Franzosen stürzen sich seit Jahresbeginn auf stark subventionierte Leasingangebote für E-Autos. Die Regierung in Paris ist überrumpelt – und versucht zu bremsen.

Korrespondenten: Stefan Brändle (brä)

Es war ein Wahlversprechen von Präsident Emmanuel Macron: Die teuren Elektroautos sollten auch für Wenigverdiener erschwinglich werden. Wer weniger als 15 400 Euro im Jahr verdient – und das gilt in Frankreich für 15 Prozent der Erwerbstätigen –, soll die Möglichkeit erhalten, ein solches Gefährt für ganze 100 Euro im Monat zu leasen.

 

Die dreijährige Miete, nach deren Ablauf man das Auto kaufen kann, ist in Frankreich heute die mit Abstand häufigste Kaufart, von über 80 Prozent der Kundschaft genutzt. Ein E-Auto kostet schnell 300 oder 400 Euro im Monat – und das können sich die schlechter verdienenden Autofahrer bei einem Mindestlohn von 1400 Euro kaum leisten.

Ein wahrer Ansturm

Das Sozialleasing von 100 Euro – für den darüber hinausgehenden Betrag kommt der Staat auf – hat am 1. Januar begonnen. Das Umweltministerium schätzte die Zahl der Interessenten auf 20 000. Schon anderthalb Monate später ist diese Zahl aber um ein Vielfaches überschritten: 91 000 Leasinggesuche wurden bei den Autohändlern laut inoffiziellen, aber übereinstimmenden Quellen bisher eingereicht. Ein wahrer Ansturm.

Angeboten werden meist nur kleinere Modelle wie etwa Renault Zoé, Hyundai Kona, Fiat 500, VW ID.3 oder Citroën e-C3. Die Regierung hat festgelegt, dass der Wagenpreis bei dem 100-Euro-Leasing den Betrag von 47 000 Euro nicht übersteigen darf. Das schließt zum Beispiel die amerikanischen Tesla-Modelle aus. Auch der Verkaufsrenner Dacia Spring (Teil der Renault-Gruppe) oder chinesische E-Modelle kommen faktisch nicht in Frage, weil sie in China produziert werden und deshalb einen zu hohen CO2-Ausstoß aufweisen. Die Firmen werfen Macron vor, er habe eine protektionistische Maßnahme in das Sozialleasingmodell hineingeschmuggelt.

Doch das ist nicht der wesentliche Punkt. Ins Gewicht fällt vor allem, dass die 91 000 Gesuche für den Staat zu teuer werden. Die Regierung hatte für die gesamte Operation 400 Millionen Euro vorgesehen. Dieser bereits stolze Betrag erklärt sich durch die doppelte Subventionierung: Zu den Staatsausgaben für das 100-Euro-Sozialleasing erhält in Frankreich jedes E-Auto einen Bonus von 5000 Euro, der für Geringverdiener 7000 Euro erreichen kann. Ein einzelnes E-Vehikel kann so auf bis auf einen Zuschuss von 13 000 Euro kommen, haben Marketingexperten ausgerechnet.

Das bedeutet, dass der aktuelle E-Leasing-Boom die Rechnung für den Staat auf über eine Milliarde Euro hochtreiben könnte. Aus dem Umfeld von Finanzminister Le Maire verlautet, es komme nicht in Frage, das Ursprungsbudget von 400 Millionen Euro zu überschreiten.

Wird der Bonus gesenkt?

Le Maire überlegt sich deshalb, den bisherigen E-Bonus von 5000 Euro zu senken. Dieser könnte auf 4000 Euro oder noch tiefer sinken, um die Ausgaben für das Sozialleasing zu kompensieren. Der Haken dabei wäre, dass dieser E-Bonus vor allem die Mittelklasse anvisiert, die mehr als 15 400 Euro im Jahr verdient. Politisch wäre die Bonussenkung verheerend für Macron, der sich gerne als Herold der Mittelklasse präsentiert.

Die Behörden dürften deshalb die Autohändler diskret anhalten, bei der Genehmigung der Gesuche genauer als geplant hinzuschauen, um ihre Zahl zu drücken. Die stets sehr komplexen Leasingbedingungen lassen den Verkäufern einen beträchtlichen Spielraum. Und sie sind nicht unglücklich, wenn die Regierung bremst, denn ihnen wächst der Erfolg mit dem Sozialleasing selbst über den Kopf. Gesuchte Marken wie Citroën oder Fiat befürchten halbjährige Auslieferzeiten – und das Abwandern zur Konkurrenz.