Frau des Ex-Präsidenten tot Umstrittene Wächterin von Walter Scheels Erbe

Walter und Barbara Scheel 2014 in Bad Krozingen Foto: dpa/Patrick Seeger

Von Bad Krozingen aus hat die Frau des Ex-Bundespräsidenten Walter Scheel immer wieder Schlagzeilen gemacht. Nun ist sie gestorben. Die Nachrufe fallen gemischt aus.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Nachrufe folgen gewöhnlich der Devise: „de mortuis nihil nisi bene“ – über Tote rede man nur gut. Doch die Würdigung, die die Lokalzeitung in Bad Krozingen neulich der verstorbenen Barbara Scheel widmete, fiel aus dem Rahmen. Die Witwe des einstigen Bundespräsidenten Walter Scheel (1974 bis 1979) wurde in allen Facetten beschrieben, auch den weniger schönen. Einerseits habe sie das Andenken an den 2016 verstorbenen Liberalen wachgehalten, auch mit dem Anstimmen jenes Liedes, das ihn einst populär machte: „Hoch auf dem gelben Wagen“. Andererseits sei ihr Auftreten zuweilen irritierend gewesen: laut, extrovertiert und manchmal herrisch, gegenüber Kellnern, Köchen oder Pflegekräften habe sie „eine gewisse Herablassung“ an den Tag legen können.

 

Ungleich neutraler fiel die Todesanzeige aus, mit der sich die Stadt von der unlängst mit 84 Jahren gestorbenen gebürtigen Freiburgerin verabschiedete. Vor 14 Jahren, als Scheel mit seiner dritten Frau nach Bad Krozingen zog, habe man sie kennengelernt. „Liebevoll“ habe sie ihren Mann bis zu dessen Tod mit 97 Jahren begleitet. Noch lange danach sei sie „Teil des öffentlichen Lebens in unserer Stadt“ gewesen. „Wir werden ihrer stets gedenken“, schrieben Bürgermeister Volker Kieber sowie die Orts- und Kreischefs der FDP. Die nüchterne Diktion wird im Rathaus damit begründet, dass Barbara Scheel nie „First Lady“ war und in der Stadt keinerlei offizielle Funktion hatte. Wegen ihrer Bekanntheit habe man aber über ihr Ableben informiert – und darüber, dass sie nach einer Trauerfeier diese Woche in Südbaden auf eigenen Wunsch im Berliner Ehrengrab ihres Mannes beigesetzt werde.

Mit E-Mobil im Kurstädtchen unterwegs

Tatsächlich sah man sie bis vor einiger Zeit regelmäßig. Mit ihrem Elektromobil kurvte sie durch das Kurstädtchen, gerne angetan mit auffälligen Hüten, grüßte dort Bekannte und hielt da ein Schwätzchen. Zugleich lieferte sie über die Jahre immer wieder selbst Gesprächsstoff, teils mit bundesweiter Resonanz. Unschöne Schlagzeilen machte 2014 ein Streit um das Sorgerecht für den in seinen letzten Jahren dementen Altpräsidenten. Dessen Adoptivtochter zweifelte an der Vollmacht für die Ehefrau, die im Pflegeheim mehrfach mit Interventionen aneckte. Vor Gericht erwirkte sie, dass ein zusätzlicher „Kontrollbetreuer“ eingeschaltet wurde.

Immer wieder fiel Barbara Scheel mit unangebrachten Äußerungen auf – etwa, wenn sie sich über „schwarzafrikanisches Pflegepersonal“ ausließ. Den einstigen FDP-Chef Philipp Rösler soll sie als „grinsenden Chinesen“ oder „Rache der Vietcong“ an Deutschland bezeichnet haben. Beim späteren Staatsoberhaupt Joachim Gauck monierte sie, dass er nicht mit seiner Partnerin verheiratet sei. Unvergessen ist ihre Attacke auf einen Spitzenkoch, dessen Kreation ihr nicht gemundet hatte. Berichte, sie habe ihn als „arroganten Schnösel“ bezeichnet, korrigierte sie nur leicht: „Pinsel“ habe sie gesagt.

Dienstwagen weg, Büro nach Berlin

Sich selbst empfand Barbara Scheel mitnichten als arrogant, auch wenn ihr dies nachgesagt wurde. Man lebe eben in einer „Neidgesellschaft“, da stehe sie als „Frau Scheel“ im Fokus und müsse manches aushalten. Zu den Zumutungen gehörte, dass das Bundespräsidialamt 2014 den vor allem von ihr genutzten Dienstwagen kassierte. Zugleich wurde das Büro in Krozingen ihrem Zugriff entzogen und nach Berlin verlegt.

Für den Walter-Scheel-Freundeskreis um den einstigen FDP-Abgeordneten Manfred Vohrer war das alles schwer erträglich. Er bemühte sich nach Kräften, die Eskapaden der dritten Ehefrau (seit 1988) auszublenden. In einem Büchlein zu seinen zehn Krozinger Jahren, das bald erscheint, soll sie keine Rolle spielen. Dafür könnte ein altes Vorhaben neuen Schwung gewinnen: Das bisher namenlose Kreisgymnasium soll künftig Walter-Scheel-Gymnasium heißen – so wollen es Bürgermeister Kieber und die Scheel-Fans. Zu Lebzeiten seiner Frau war das an der Schule angeblich noch auf Bedenken gestoßen. Ihretwegen, nicht wegen des Altpräsidenten.

Weitere Themen