Die Vorrunde bei der Frauenfußball-WM hat sich als großes Geplänkel erwiesen. Also müssen sich die dominanten Teams wie Deutschland, Japan, USA oder Frankreich für den Sprung in die nächste Runde nicht übermäßig anstrengen.

Ottawa – Vermutlich hätten nicht mal Sprungfedern unter den Fußballschuhen geholfen. Trotzdem hat Charlyn Corral, Mexikos Mittelstürmerin, nicht lockergelassen in diesem ungleichen Duell mit Wendie Renard, Frankreichs Kapitänin. Aber welche Mitspielerinnen hatte die Idee, die Nummer neun hoch anzuspielen? Einmal haben die Zuschauer im Lansdowne Stadium von Ottawa nur mitleidig gestöhnt, weil das so hoffnungslos aussah. 1,52 Meter gegen 1,87 Meter im Luftkampf: Da kann die eine noch so hoch springen, die andere bleibt einfach stehen. Die Symbolszene für die Vorrunde dieser Frauen-WM? Die Großmächte müssen nicht abheben, um Phase eins zu überstehen.

 

Worauf es ankam, hat Frankreichs Trainer Philippe Bergeroo verraten: „Wir konnten in der Vorrunde nicht perfekt sein. Es ging nur darum, ohne Verletzungen, ohne Gelbe Karten weiterzukommen.“ Letztlich hoben sich Les Bleues als möglicher Viertelfinalgegner der deutschen Nationalelf ihre einzig überzeugende Leistung bis zum 5:0 gegen Mexiko am Mittwoch auf: Erst danach war der Ausrichter der WM 2019 für das Achtelfinale qualifiziert.

Ein gutes Pferd springt nur so hoch, wie es muss

Dass ein gutes Pferd nur so hoch springt, wie es muss, hat vor allem Weltmeister Japan demonstriert. Der Trainer Norio Sasaki trieb die Rotation auf die Spitze. Tauschte fünf Spielerinnen nach dem ersten, sieben nach dem zweiten Gruppenspiel – und setzte alle drei Torhüterinnen ein. Was bitte sollte das? „Wer spielt, entscheidet immer das Training am Vortag“, erklärte Sasaki verschmitzt lächelnd. Was natürlich beinhart geflunkert war. Die Asiaten schalteten von Beginn an in den Sparmodus und begnügten sich mit drei Arbeitssiegen.

Die Qualitäten im Verborgenen halten, die Kräfte sorgsam dosieren, die Stars schonen – das konnten sich die nordamerikanischen Großmächte nicht leisten. Vor allem nicht Gastgeber Kanada: Merkwürdig gehemmt wirkte das Ensemble mit dem Ahornblatt dennoch. Im Grunde war es die beste Leistung, mit nur zwei geschossenen Toren vier Punkte einzuheimsen. Trotzig bilanzierte der Trainer John Herdman: „Top of the group – that’s a job well done.“ Erster der Gruppe – Job gut getan? So einfach kam der kanadische Coach damit nicht durch. Das Achtelfinale gegen die Schweiz ist gar nicht gespielt, da blasen ihm die heimischen Medien heftig Wind ins Gesicht.

Die US-Girls müssen die hohen Erwartungen befriedigen

Auch bei den USA sahen wegen der schweren Gegner in der Gruppe D alle drei Partien ungemein angestrengt aus – oder lag es an den vielen erwartungsfroh über die Grenze gekommenen Landsleuten? Die Frage ist auch, ob die US-Girls wirklich ihren Powerstil beibehalten können, wo doch manch Auszeit (Abby Wambach!) ob des fortgeschrittenen Alters bereits unvermeidlich war. Dass in dieser Staffel übrigens ausgerechnet Nigeria als bester afrikanischer Vertreter nach dem furiosen 3:3-Vortrag gegen den deutschen Gegner Schweden – das mit Abstand beste Vorrundenspiel – auf der Strecke blieb, mutete fast schon wie ein Treppenwitz an.

Ansonsten hat sich die Vorrunde der Frauen-WM weitgehend als Vorgeplänkel erwiesen: Mag der Weltverband Fifa die Ausweitung auf 24 Teilnehmer wortreich rechtfertigen, so steht unter dem Strich, dass zu viel heiße Luft herauskam. Weil die Favoriten sich fast im Kollektiv irgendwann zurücklehnen konnten.