Es kommt nicht auf den Aufsichtsrat an, sondern auf das Management. Hier fehlt der Regierung der Ehrgeiz, kommentiert StZ-Wirtschaftredakteur Michael Heller.

Stuttgart - Die Verfechter einer allgemein gültigen Frauenquote werden zufrieden sein, aber das Anliegen der Frauen wird durch die 30-Prozent-Vorschrift für Aufsichtsräte nicht wesentlich voran gebracht. Keine weibliche Karriere wird dank dieser Vorschrift künftig rascher vorankommen. Denn der Aufsichtsrat ist ein selbstständiges Gremium außerhalb der Unternehmenshierarchie. Wer hier sitzt, gehört gerade nicht zum Kreis der Führungskräfte, die im betreffenden Unternehmen Karriere gemacht haben. Abgesehen von den Arbeitnehmervertretern, die sich ja nicht für eine klassische Karriere entschieden haben, sitzen hier nur Externe und Ehemalige. So ist die Quote nicht mehr als ein Symbol. Immerhin: Aufsichtsrätinnen können ihren Einfluss geltend machen, dass mehr für die Frauen getan wird.

 

Es dürfte keine große Kunst sein, die Vorgaben zu erfüllen. Zurecht hat es die Bundesregierung abgelehnt, Ausnahmen zuzulassen. Eine hinreichend große Zahl weiblicher Aufsichtsratsmitglieder ist selbst für solche Unternehmen aufzutreiben, in denen keine einzige Frau arbeitet. Es wird sicher kein Stuhl unbesetzt bleiben, ganz so, wie es die Koalition erwartet. Damit ist freilich noch nicht gesagt, dass die Regel verfassungskonform ist, denn sie kann zumindest in der Theorie die Gewichte zwischen Kapital- und Arbeitnehmerseite entscheidend verschieben.

Viel interessanter für Frauen, die vorankommen wollen, sind die Vorgaben für die 3500 börsennotierten oder mitbestimmungspflichtigen Unternehmen. Diese Betriebe müssen vom kommenden Jahr an Zielgrößen für den Frauenanteil im Management festlegen und später im Abstand von fünf Jahren eine Bestandsaufnahme vorlegen. Sanktionen sind allerdings nicht vorgesehen, sofern die Ziele verfehlt werden. So richtig es ist, die Besonderheiten von Betrieben und Branchen zu berücksichtigen und auf eine Einheitsquote zu verzichten, so wenig ambitioniert erscheint die Perspektive. Faktisch handelt es sich um unverbindliche Absichtserklärungen. Hier auf die Wirkung öffentlichen Drucks zu vertrauen, reicht nicht. Wenn die Betriebe die Möglichkeit haben, maßgeschneiderte Förderpläne zu entwickeln, dann spricht nichts dagegen, diese Pläne in der Weise verbindlich zu machen, dass Verstöße sanktioniert werden – verbunden mit der Pflicht, Versäumtes rasch nachzuholen.