Freiburg bei Lonely Planet Bächle, Späti und die lange Rote als Erfolgsformel
Für den Reisebuchfachverlag Lonely Planet gehört Freiburg zur Top-Drei der besten Touristenstädte weltweit. Ist die Stadt wirklich Kult?
Für den Reisebuchfachverlag Lonely Planet gehört Freiburg zur Top-Drei der besten Touristenstädte weltweit. Ist die Stadt wirklich Kult?
Freiburg - Was Christian Streich wohl dazu sagen wird, dass die Stadt Freiburg auf der weltweiten Top-Ten-Liste der besten Reisestädte auf Platz drei liegt – also an gleicher Position wie der SC in der Bundesliga? Streichs Horizont endet ja bekanntlich nicht an der Strafraumgrenze. Und so wird der Trainer wie üblich seine Stirn in Falten legen, einen ungläubigen Gesichtsausdruck aufsetzen, um seine Verwunderung kundzutun, dass er so etwas gefragt wird, dann aber doch antworten: „Ha nai, Freiburg isch nix Bsonderes.“ Dann wird er davon schwärmen, wie schön es sei, zum Training zu radeln, umgeben von Schwarzwaldbergen, und dass mancher Tribünengast in der Halbzeitpause erst das Stadionmagazin und dann Schopenhauer lese. Und genau in dem Moment wird man denken, dass Freiburg ganz bestimmt etwas Besonderes sein muss.
Dieser Meinung ist nun auch Lonely Planet. Der australische Verlag, der vor allem internationale Rucksackreisende zu den touristischen Hotspots dieses Planeten führt, hat den großen Überblick und Freiburg hinter Auckland in Neuseeland und Taipeh in Taiwan in diesem Jahr auf Platz drei der besten Reiseziele der Welt gestellt. „Die charismatische, umweltbewusste Schwarzwaldmetropole kann vielen von uns noch ein paar Tricks zeigen, wie man verantwortungsbewusst lebt“, erklären die Autoren die durchaus überraschende Entscheidung. Schließlich sind Auckland und Taipeh Millionenmetropolen und Hauptstädte. Freiburg liegt deutschlandweit mit 230 000 Einwohnern in der Größe gerade mal auf Platz 33, also exakt zwischen Magdeburg und Krefeld.
Auch Lonely Planet erliegt den üblichen Klischees über die hohe Lebensqualität in der Stadt, welche die Schwarzwaldberge höher, den Opfinger Baggersee größer und die „lange Rote“ auf dem Münsterplatz leckerer erscheinen lassen als in Wirklichkeit. Allerdings ist tatsächlich schon mancher eingefleischte Vegetarier beim Duft dieser fetttriefenden Bratwurst wieder schwach geworden – und nicht nur wegen der dazu gereichten Zwiebeln.
Gegen echte Gefühle kommen Fakten sowieso nicht an. Das musste auch schon Jörg Kachelmann einsehen. Seit Jahren kämpft der Meteorologe – Geburtsort Lörrach – vergeblich gegen die Mär von Freiburg als der sonnenreichsten Großstadt. Nun rühmt auch Lonely Planet wieder die angeblich vielen Sonnenstunden im Breisgau.
Vermutlich haben sich die Rechercheure an einem lauen Sommerabend mitreißen lassen, wenn sich Jung-, Dauer- und Ex-Studierende am Augustinerplatz treffen, palavern und Bier trinken und dazu die berühmten Freiburger Bächle plätschern, in die man als Erstsemester erst einmal hineinfallen muss, um ein echter Freiburger zu sein. An solchen Abenden röhrt immer irgendwo ein Didgeridoo, übt jemand Ausdruckstanz, schrammelt jemand auf seiner Gitarre. Und natürlich wird man auch angehauen: „Haste mal nen Euro?“ Den gibt man auch.
Lonely Planet geht es um nachhaltiges Reisen, und deshalb sieht man das Ganze durchaus politisch. „Das smarte öffentliche Verkehrssystem, doppelt so viele Fahrräder wie Autos und jede Menge städtische Grünflächen“ bildeten die Basis für Freiburgs klimafreundliche Initiativen, heißt es. Aber anders als Tübingen hat Freiburg auch eine Spur Berlin in sich. Als das Ordnungsamt dem örtlichen Späti den Hahn abdrehen wollte, formierte sich flugs eine große Fahrraddemo.
Die einen sind Freiburger, die anderen wollen es werden, heißt es. Es gibt Menschen, die nervt das. „Ich weiß nicht, wieso ich euch hasse: Fahrradfahrer, Backgammon-Spieler, Tanztheater dieser Stadt“, singt die Band Tocotronic. Aber die kommt aus Hamburg. Vermutlich sind sie nur neidisch angesichts von Freiburgs drittem Tabellenplatz im Tourismusoberhaus.