Der Bezirksbeirat tut sich unverändert schwer mit Debatten über die Öffnungszeiten von Freiluftkneipen. Dass die Diskussion über ein vermeintliches Recht auf Party je endet, scheint unwahrscheinlich.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

S-Mitte - Die Bezirksvorsteherin fühlte sich zu einer längeren Einleitung genötigt. Der Bezirksbeirat Mitte, erklärte Veronika Kienzle, entscheidet nicht über die Öffnungszeiten von Kneipen im Stadtzentrum. Der Bezirksbeirat rät nur höheren Instanzen im Rathaus. Die Entscheidung über seinen Ratschluss fällt andernorts – und oftmals anders aus als von den Lokalpolitikern gewünscht.

 

Dies gilt selbstverständlich nicht nur für die Wünsche von Wirten. Dies gilt für alles, worüber gleich welcher Bezirksbeirat der Landeshauptstadt jemals abstimmt – was einer der Gründe ist, warum die meisten Entscheidungen auf der untersten kommunalpolitischen Ebene von der Öffentlichkeit ähnlich interessiert zur Kenntnis genommen werden wie die Pensionierung eines Oberstudienrates außerhalb der betroffenen Schulgemeinde.

Dies gilt aber keineswegs für die Entscheidungen des Bezirksbeirats Mitte über die Öffnungszeiten der Gastronomen.

Der katholische Stadtdekan droht mit Anzeige

Der Ratschluss, nach dem Vorbild der Stadt München der Freiluftgastronomie grundsätzlich eine Sperrstunde ab 23 Uhr zu verordnen, wurde weit über die Grenzen der Stadt hinaus beachtet – und von denjenigen mit Häme übergossen, die das Nachtleben am Wochenende auf 24 Stunden täglich ausdehnen. Anders formuliert: „Am Thema Sperrzeit hat sich eine heftige Diskussion darüber entfacht, was Stadt ausmacht“, sagte der Grüne Martin Ruoff.

In die hatte sich jüngst sogar der katholische Stadtdekan Monsignore Christian Hermes mit einem Brief ans Rathaus eingeschaltet, in dem er nächtliche Ruhestörung rund ums Haus der Katholischen Kirche an der Königstraße beklagte und forderte, zumindest die Auswüchse des Nachtlebens zu kappen. Sonst bleibe den Anwohnern nichts anderes, als regelmäßig die Polizei für Ruhe sorgen zu lassen. „Monsignore droht wegen sieben Wohnungen mit Anzeige“, sagte dazu der Sozialdemokrat Manuel Krauß. „Soll er anzeigen, da sind wir mitten in der City.“

Das vermeintliche Recht auf Party

Dass die Diskussion über ein vermeintliches Recht auf Party je endet, scheint nicht nur dieser Meinung wegen unwahrscheinlich. In ihrer jüngsten Sitzung hatten die Lokalpolitiker über zwei Wünsche von Gastronomen zu entscheiden. Die Betreiber der Bar Kowalski wollen in ihrem Innenhof an der Kriegsbergstraße ganzjährig bewirten – dies bis zum Morgengrauen, nämlich bis 5 Uhr. Block House möchte künftig bis Mitternacht vor seinen Restaurants am Arnulf-Klett-Platz und an der Eberhardstraße Steaks servieren.

Den zweiten Wunsch befürworteten die Beiräte trotz des Widerspruchs zu ihrem Grundsatzbeschluss ohne Murren. Das Für und Wider über den ersten war so vielfältig, dass Kienzle fragte, „ob wir daran eine Grundsatzdebatte entfachen wollen“. Damit war die aufflackernde Debatte zwar erstickt, wie unterschiedlich die Meinungen waren und bleiben, belegte aber schon das Abstimmungsergebnis: Das Ansinnen ist abgelehnt, bei sieben Nein-, fünf Ja-Stimmen und einer Enthaltung. Selbstverständlich nur im Sinne eines Rates an andere Instanzen im Rathaus.