Die Stuttgarter Loge Zu den 3 Cedern öffnet sich nach außen – zumindest ein bisschen. Geladene Gäste dürfen dem Neujahrsempfang beiwohnen.

Stuttgart - Die Gittertür könnte etwas Öl gebrauchen. Sie quietscht unangenehm. Dem Thrillerautor Dan Brown hätte das gefallen: Der ahnungslose Fremde betritt das Anwesen der Freimaurerloge. Hinter ihm fällt die Tür ächzend ins Schloss. In der Realität öffnet eine Dame die Tür zur Villa der Stuttgarter Loge Zu den 3 Cedern an der Hackländerstraße. Welche Rolle sie in der Männer vorbehaltenden Loge spielt, überlässt sie der Fantasie des Besuchers. Vielleicht ist sie bloß die Ehefrau einer der drei Freimaurer, die im Garten sitzen. Der Weg auf die Terrasse führt durch den Logensaal. Ein hufeisenförmiger Tisch nimmt fast den gesamten Raum ein. An den Wänden hängen die Bilder ehemaliger Mitglieder.

 

Neujahrsempfang für geladene Gäste

Gegenüber dem Eingang ist die Balkontür weit geöffnet. Ein Mann steht im Rahmen und wartet. „Herzlich willkommen in unserer Loge“, sagt er. Draußen im Garten ist gedeckt. Kaffee, ein Kännchen mit Sahne und Pralinen, die in der Sonne schmelzen. Rechts und links am Tisch sitzen zwei weitere Herren. Namen tun nichts zur Sache. Da sind sich der Chirurg, der Journalist und der Konditor einig. Mit Geheimniskrämerei habe das nichts zu tun, sagt der Konditor. „Wir sind keine geschlossene Gesellschaft“, sagt er. Beim Neujahrsempfang am Samstag öffnet sich das Logenhaus geladenen Gästen. Der Titel Neujahrsempfang überrascht. Anlass ist der 24. Juni, ein besonderer Tag für die Logen. An diesem Tag gedenken sie traditionell Johannes des Täufers. Er gilt als Schutzpatron der Freimaurerei.

Die Logenmitglieder von Zu den 3 Cedern können am Samstag selbst entscheiden, ob sie die Gäste empfangen oder ob sie die Villa an der Hackländerstraße lieber meiden. „Der eine oder andere verlässt sich vielleicht nicht auf die Diskretion unserer Gäste. Das respektieren wir“, sagt der Chirurg. Er begründet die Vorsicht auch mit dem Blick auf die Geschichte.

Logen litten unter Verfolgung durch Staat und Kirche

Die Verfolgungen der Logen seit ihrer Gründung im 18. Jahrhundert durch Kirche und Staat habe Verschwiegenheit zur Tradition gemacht, sagt er. Die Nazis zum Beispiel seien ganz besonders brutal gegen die Freimaurer vorgegangen. Haben die schlechten Erfahrungen die Freimaurer vielleicht gerade in Deutschland vorsichtig gemacht? Der Journalist lacht: „Nein, wir glauben nicht, dass das Vierte Reich bevorsteht. Unsere freiheitlichen Ideale sind ja heute Mainstream geworden.“

Tatsächlich kommen zumindest drei der fünf Grundideale der Freimaurer jedem bekannt vor, der historisch nicht ganz ahnungslos ist: „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“, waren bekanntlich die Losungen der französischen Revolution. Die beiden anderen Ideale „Humanität“ und „Toleranz“ könnten in jeder Rede des Bundespräsidenten über den Geist des Grundgesetzes vorkommen.

Brüder schätzen die Verschwiegenheit

Die Freimaurerei vertritt zumindest in westlichen Demokratien nichts Revolutionäres mehr. Dennoch will die Freimaurerei mehr sein als ein Verein für freiheitliche Werte. Die Logenmitglieder treffen sich im Logenhaus, um an sich zu arbeiten. Was das heißt erklärt der Chirurg – zumindest im Ansatz. „Es gibt Vorträge und Diskussionen zu moralischen Fragen.“ Die könnten sich durchaus auch mal aus den persönlichen Erlebnissen der Logenbrüder ergeben, sagt der Konditor. „Deshalb bleibt auch alles, was wir im Logenhaus besprochen haben, strikt unter uns Brüdern.“

Doch der Geist allein kann es offenbar nicht richten. Auch die Seele der Logenmitglieder soll sich bei der Begegnung mit anderen Freimaurern öffnen. Dafür hat die Freimaurerei ein geheimnisumwittertes Ritual entwickelt. Was genau dabei passiert, behalten die drei Herren von der Stuttgarter Loge allerdings für sich. Es ist eine Regel der internationalen Freimaurerei, darüber zu schweigen. Im Internet kursieren wilde Gerüchte über das Ritual. Die drei Stuttgarter Freimaurer entkräften sie nicht durch ihr Schweigen. Nur dass der „Tempel“ der Freimaurer kein Tempel sei, stellen sie klar. „Das heißt lediglich so, weil es die historische Bezeichnung ist. Wir sind aber keine Religion“, sagt der Chirurg.

Er bezeichnet die Freimaurerlogen dagegen als „ethische Holding“. Ihre Mitglieder würden sich moralisch stärken, um im Kleinen positiv auf die Gesellschaft zu wirken. Oder eben auch im Großen. „Es gibt viele Freimaurer in der Politik oder Wirtschaft, bei denen würde das niemand vermuten“, sagt der Journalist. Beispiele nennt er jedoch nicht – schade.