Flammen lodern in Perouse gen Himmel – es ist das Freudenfeuer der Waldenser.

Rutesheim - Feuer ist Freude, ist Kampf, ist Einsatz – es kann bedrohlich, zerstörerisch und vernichtend sein, doch es ist auch wärmend, schützend und lebensrettend. In Perouse wurde nun bereits zum achten Mal mit einem großen Freudenfeuer an eine ergreifende Begebenheit in der Waldensergeschichte erinnert.

 

Und man könnte sagen, sie war in gewisser Weise für die Menschen lebensrettend. Denn mit dem 17. Februar 1848 bekamen die Waldenser im Piemont alle bürgerlichen und politischen Rechte zuerkannt, welche die katholischen Untertanen bereits besaßen. Was heute selbstverständlich ist, war für die Waldenser seinerzeit eine große Errungenschaft.

Tag der Erinnerung

So wird der Tag in der Erinnerung an das „Gnadenpatent des Königs Karl Albert“ begangen. Der Tag also, an dem die Aufhebung der Gettos und die Rückgabe der bürgerlichen und politischen Rechte erfolgte. Das Leben konnte wieder ein Stückchen weit selbstbestimmt gelebt werden.

Die Menschen konnten Handel treiben, Höfe käuflich erwerben, oder einem Studium nachgehen und akademische Grade erwerben. Ein Freudenanlass den die Waldenser mit einem Freudenfeuer, dem „Falo“ seither begehen.

Denn die Geschichte beutelte die Menschen. Seit dem Mittelalter stritten sich das Königreich Frankreich und das Herzogtum Savoyen (Piemont) um die Cottischen Alpen. Die Heimat der meisten Waldenser. Die deutschen Waldenser stammen aus dem bis 1696 französischen linken Ufer des Perosa Tales. Unter dem Druck des französischen Königs Ludwig XIV wies der Herzog von Savoyen 1698 alle Waldenser französischer Herkunft aus, sofern sie nicht katholisch werden wollten. Zugleich verpflichtete er sich, in den von Frankreich zurück erhaltenen Gebieten keine Waldenser zu dulden. Vertriebene Waldenser fanden in Württemberg, Baden und Hessen eine neue Heimat. Im Jahre 1699 gründeten Flüchtlinge aus dem Perosa-Tal auf Heimsheimer Gemarkung die Kolonie Perouse.

Die Geschichte der Vorfahren

Mit ihrer Geschichte, der Geschichte ihrer Vorfahren, leben die in der Region ansässigen bis heute. Das Partnerschaftskomitee der Stadt Rutesheim unter dem ersten Vorsitz von Henry Schort hat diese schöne Tradition im Jahre 2011 von anderen Waldensergemeinden aufgegriffen. Organisiert wird die Veranstaltung heute von der evangelischen Waldenserkirche und dem örtlichen Gesangverein Liederlust.

Mit einer Andacht in der kleinen Waldenserkirche in der Mitte der Ortschaft beginnt die Feier. Mit einem Fackelzug und dem Freudenfeuer am Sportheim endet diese. „Miteinander dieses besondere Datum gedenken, die Freiheit feiern, die uns in unserem Land geschenkt ist, die Freiheit erbitten auch für die Menschen, denen sie verweigert wird“, mit diesen Worten begrüßt Pfarrer Michael Widmann die Anwesenden eindringlich.

Vertreibung ist auch heute aktuell

Und auch der katholische Pfarrer Franz Pitzal aus Renningen betont: „Ich freue mich, dass ich mit Ihnen heute diesen Abend begehen darf.“ Pitzal erläutert Historisches, gibt Einblicke, Ausblicke.

Mit dem im Grundgesetz verankerten Satz, „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, schlägt Franz Pitzal einen Bogen in die heutige Zeit. Dieser Satz, so unterstreicht er, müsse die Maxime allen Handelns sein. Pitzal verweist auf das aktuelle Weltgeschehen. „Not, Vertreibung, Zerstörung bestimmen unser Zeitgeschehen. Die Not ist in vielen Ländern himmelschreiend. Wir sollten zupacken und helfen, Menschen eine Würde zu geben, die man ihnen geraubt hat“. So war der Gedenkabend ein umfassender. Mit dem klaren Fokus auf die Waldenser, jedoch ohne dabei den Blick in die Welt zu verlieren. Probleme sehen, erkennen, sie bearbeiten und auflösen – damals wie heute.