Zwei junge Stuttgarter haben die angestaubte Stereo Lounge in den Club Freund und Kupferstecher verwandelt. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten wird das anspruchsvolle Programm mittlerweile mehr als ordentlich angenommen.

Stuttgart - Mehr als eine Dekade lang galt die Stereo Lounge am Berliner Platz als Clubinstitution für eine ganze Ausgehgeneration. Dienstags Bingo, mittwochs Hip-Hop und am Wochenende immer für einen Absturz gut: Der schnuckelige Keller war eine wichtige Anlaufstation der Popkultur in Stuttgart. In den vergangenen Jahren war das Konzept aber etwas in die Jahre gekommen, die Halbwertszeit von Clubs ist eben noch geringer als in der klassischen Gastronomie. Was eben noch angesagt war, kann im nächsten Moment schon unfassbar uncool sein.

 

So erging es der Stereo Lounge zuletzt. Macher Oskar Aysel hatte keine Lust mehr auf sein einstiges Lieblingskind und wollte sich stattdessen auf seinen Club Mono am Wilhelmsplatz konzentrieren. Da die Stereo Lounge zu den wenigen Clubs mit einer Diskothekenkonzession gehört, zitterte die Szene bereits um einen der letzten Räume der Stadt, in der das Tanzen sogar von Amts wegen erlaubt ist. Etwas unverhofft kamen zu dieser Zeit Felix Klenk (28) und Christopher Warstat (30) um die Ecke: Gemeinsam haben die beiden Freunde vor einem halben Jahr aus der Stereo Lounge den Club „Freund und Kupferstecher“ gemacht. Nach zwei schwierigen Anfangsmonaten sind sie mit ihrem Konzept, frischen Wind mit unverbrauchten Künstlern nach Stuttgart zu bringen, auf einem guten Weg.

Noch etwas gezeichnet von der letzten Nacht

Beim Interview am späten Samstagabend im Backstageraum des Clubs sind Klenk und Warstat noch gezeichnet von der vorherigen Nacht. Der DJ Carsten Meyer, besser bekannt unter seinem Pseudonym Erobique, hatte am Abend zuvor mit seinem Gute-Laune-House dafür gesorgt, dass sich noch nach ein Uhr nachts Feierwütige vor dem Club die Füße in den Bauch standen.

Das Konzept der beiden jungen Clubbetreiber: „Wir haben uns die Frage gestellt, was in Stuttgart fehlt“, sagt Felix Klenk. Gemeinsam hatten sie die Idee von einem Club, der sich weniger an Genres orientiert, dafür aber an der Qualität und der Auswahl der Gäste. Dabei wollen die beiden nicht nur musikalisch von ihrer Idee überzeugen. Neben einer Podcast-Reihe wurde zuletzt noch ein Printprodukt ins Leben gerufen, das den roten Faden des Clubs abbilden soll. Mit dem von nun an monatlich erscheinenden Magazin „Freund & Kupferblatt“, einer Kombination aus Programminformationen und Lifestyle-Inhalten, wollen Klenk und Warstat den konzeptionellen Rahmen ihres Clubs festigen. In der ersten Ausgabe kommt Michael Setzer, Journalist und Blogger bei Kessel.tv, in einer Kolumne zu Wort, in der Rubrik „Who The Fuk?“ stellt sich per Steckbrief einer der Barkeeper des Clubs vor. „Wir wollten etwas Besonderes machen und den Leuten noch mehr bieten“, sagt Felix Klenk, der als Chefredakteur für das Heft verantwortlich zeichnet. Ein Printprodukt für die digitale Generation? Das Feedback auf das gedruckte Papier mit popkulturellem Inhalt ist laut Klenk erstaunlich positiv.

Erst Partyveranstalter, dann Clubbetreiber

Von Montag bis Freitag planen Klenk und Warstat in ihrem Büro im Stuttgarter Westen die nächsten Wochen und Monate im Club. Alle Bookings laufen über die zugehörige Agentur „100 Meilen“, unter deren Namen die beiden Kreativen schon vor der Eröffnung des eigenen Clubs Events veranstaltet haben. Im Sommer 2014 etwa das Tagesfestival „Simmer down“ im Cannstatter Zollamt oder in mehrmaliger Ausführung den „WG Run“, bei dem private Wohngemeinschaften in Städten wie Stuttgart, Mannheim oder Heidelberg für einen Abend in Bars und Clubs verwandelt wurden, inklusive Freigetränken, Shuttlebussen und Putzdienst für den nächsten Tag. Zeit für Veranstaltungen dieser Art bleibt den beiden derzeit keine, „der Club ist mehr als ein Vollzeitjob“, sagt Christopher Warstat.

Ein Vollzeitjob, der langsam Früchte trägt. Auch wenn der erhoffte Hype, den viele neu eröffnete Clubs und Bars erleben, anfangs ausgeblieben ist. „Wir haben viel rumexperimentiert und mussten gerade in der Anfangszeit auch viele Erfahrungen sammeln“, sagt Felix Klenk über den Club, der unter Nachteulen durch unterschiedlichste Spitznamen geadelt wurde, von Fuk über Kupfi oder Stecher.

Keine Lust, den Club in Richtung Mainstream zu öffnen

Mit Künstlern wie dem Produzententrio „Brandt, Brauer, Frick“, dem Londoner Flako oder der Berliner Untergrundlegende Taktloss warten Felix Klenk und Christopher Warstat auch in den kommenden Monaten mit einem Programm auf, das man in dieser künstlerischen Bandbreite bisher vergeblich in Stuttgart gesucht hat.

Auf die schlauen Tipps vieler alter Hasen, das Programm mehr in Richtung Mainstream zu öffnen, wollten die beiden jungen Clubbetreiber während der schwierigen Anfangsphase nicht hören. „Nach zwei bis drei Monaten das komplette Konzept über den Haufen zu werfen, war nicht unser Ziel“, sagt Felix Klenk. Mittlerweile macht sich das bezahlt. Das wiederum ist fast schon eine romantische Moral von der Geschichte: Mit etwas Geduld findet man auch mit einem anspruchsvolleren Programm sein Publikum.