Der Palästinenser Fadi Nassar wird Automechaniker, um eine Werkstatt in seiner Heimat zu eröffnen.

Bethlehem - Bethlehem – hier hat Weihnachten seinen Ursprung. Tausende Touristen und Pilger fallen jährlich in die palästinensische Stadt ein, um die Geburtskirche zu besuchen, die über der Stelle gebaut wurde, an der vor mehr als 2000 Jahren Jesus zur Welt gekommen sein soll. Fadi Nassar verbindet mit Bethlehem jedoch ganz andere Weihnachtserinnerungen: die Feste im Kreis seiner Großfamilie. „An Weihnachten besuchen wir immer die ganze Verwandtschaft. Und sogar unsere muslimischen Nachbarn gratulieren uns zum Fest“, berichtet der 21-Jährige, der aus einer alteingesessenen christlich-arabischen Familie stammt.

 

In Deutschland hingegen beschränke sich das Feiern auf den engsten Familienkreis, bedauert der junge Mann, der seit dreieinhalb Jahren in Deutschland lebt. „Ein wenig langweilig“ sei das, meint Fadi Nassar, der die Feiertage stets bei seiner deutschen Gastfamilie Kimmig-Liebe in Aidlingen verbringt.

Der Nikolaus nimmt ihn nach Deutschland mit

Vor vier Jahren hat Wolfgang Kimmig-Liebe, bekannt in der Region und mittlerweile auch darüber hinaus als der Nikolaus, auf einer seiner Reisen in Palästina den damals 17-jährigen Fadi kennen gelernt. Dieser machte gerade sein Abitur und arbeitete nebenbei beim Projekt „Tent of Nations“ seines Onkels Daoud Nassar mit.

Es ist eine Geschichte, wie es sie hundertfach in Palästina gibt, die den Tourismusfachmann Daoud Nassar, der in Bethlehem und Bielefeld studiert hat, zu diesem Projekt bewegten. Über 40 Hektar Land – überwiegend landwirtschaftliche Flächen, darunter auch ein Weinberg – besitzt seine Familie seit vielen Generationen. Doch seit mehr als 20 Jahren streiten sich die Nassars mit der israelischen Regierung um diese Fläche. Mittlerweile ist das Gebiet von mehreren neuen israelischen Siedlungen umgeben. Die dort lebenden Menschen fürchten sich vor den alteingesessenen arabischen Nachbarn. Bauen dürfen die Nassars nicht auf ihrem Grundstück, das Dahers Weinberg heißt – benannt nach Fadis Urgroßvater Daher. So kam Daoud Nassar auf die Idee mit den Zelten.

Brücken bauen zwischen Kulturen und Religionen

In einem Zeltdorf leben fast das gesamte Jahr über Mitglieder der Familie und junge Freiwillige aus aller Welt. Sie bearbeiten den Weinberg und organisieren Jugendbegegnungen zwischen Israelis und Arabern, Europäern und Amerikanern, Christen, Juden und Muslimen. „Wir weigern uns, Feinde zu sein“ – dieses Motto ziert in Arabisch, Englisch und Deutsch einen Stein am Eingang des Dorfes.

„Brücken bauen zwischen den Kulturen und Religionen“ will Daoud Nassar mit seinem multikulturellem Zeltdorf. Zugleich bietet dieses Projekt auch ihm und seiner Familie einen gewissen Schutz vor Enteignung durch die israelische Regierung. Denn das Projekt „Tent of Nations“ wird mittlerweile weltweit von allen möglichen Organisationen unterstützt.

Auch Fadi Nassar sieht seine Zukunft in dem Friedensdorf. Deshalb ist er mit Kimmig-Liebe nach Deutschland gegangen. Dieser nahm den jungen Mann in seinem Haus auf und vermittelte ihm einen Ausbildungsplatz zum Kfz-Mechatroniker. Der 21-Jährige hat seine Lehre mittlerweile erfolgreich abgeschlossen. Nun sammelt er noch praktische Erfahrungen in verschiedenen Autowerkstätten. In einigen Jahren jedoch möchte der junge Mann zurück in seine Heimat. Sein großer Traum: auf Dahers Weinberg will er eine Ausbildungswerkstatt für Kfz-Mechaniker eröffnen. „Denn wir haben kaum Arbeit für junge Leute bei uns. Autos gibt es aber viele“, sagt der junge Palästinenser. Einfach wird es nicht werden, diesen Traum zu verwirklichen, das weiß er. Viele Hürden sind noch zu überwinden. „Wir brauchen Geld und vor allem eine Baugenehmigung, um dort eine Werkstatt hinzustellen.“