Seit gut zehn Jahren will der Schweizer Investor Kurt Eicher das Bäderprojekt realisieren. Jetzt muss er eine Bankbürgschaft über 46 Millionen Euro beibringen.

Friedrichshafen - High Noon um Mitternacht. Bis Null Uhr in der Nacht zum Mittwoch hat der umstrittene Schweizer Investor Zeit, die Bankbürgschaft nachzuweisen. Andernfalls ist das 46 Millionen Euro teure Bäderprojekt in Friedrichshafen Geschichte. Der Traum von einer Wellnessoase mit Hotel direkt am Bodenseeufer wäre geplatzt. Der vom greisen Designer Luigi Colani der Form von Wassertropfen nachempfundene Badetempel soll das bestehende Frei- und Seebad ersetzen.

 

Nach dem gültigen Baurealisierungsvertrag, den Eicher mit der Stadt im Dezember 2011 geschlossen hatte, wäre er bereits spätestens Ende März verpflichtet gewesen, die entsprechenden Bankbürgschaften nachzuweisen. Die Stadt aber war wie schon so oft in dieser unendlichen Geschichte nachsichtig mit dem bekennenden Esoteriker und gewährte dem Schweizer eine zweiwöchige Nachfrist. Die läuft heute um Mitternacht aus.

Eicher selbst versucht bis zuletzt den Eindruck aufrechtzuerhalten, dass er die finanziellen Mittel für das Millionenprojekt jederzeit problemlos aufbringen kann. Dass der Investor aus Regensdorf bei Zürich das Geld noch auftreibt, glauben ihm in Friedrichshafen immer weniger Verantwortliche. Angeblich verfügt der Investor mit besten Kontakten in die Heiler- und Esoterikszene über Vermögenswerte, doch die seien größtenteils in Immobilien gebunden, heißt es bei der Stadt.

Auch seine Befürworter geraten in Zweifel

Beängstigend für Eicher dürfte auch sein, dass selbst seine hartnäckigsten Verteidiger inzwischen arge Zweifel befallen, ob der 63-Jährige die Stadt nicht immer nur weiter hinhalten und vertrösten will, wie seine Kritiker schon lange mutmaßen.

Nach seiner neuesten Idee will er das Projekt zusammen mit einem bisher ungenannt gebliebenen „deutschen Privatinvestor“ stemmen – und zwar „vorwiegend mit persönlich haftendem Eigenkapital“. Die Stadt jedoch besteht auf einer Bankbürgschaft, für den (nicht ganz von der Hand zu weisenden Fall), dass Eicher beim Bau das Geld ausgeht. Eicher verlangt wieder einmal mehr Zeit – nun „bis Ende April“ – um die angeblichen Gespräche mit den Großbanken abzuschließen.

Doch bei Oberbürgermeister Andreas Brand (Freie Wähler) ist – anders als bei seinen Amtsvorgängern – die Geduld aufgebraucht. Brand hat Eicher klargemacht, dass mit Ablauf der Frist heute Nacht Schluss ist. „Kann Eicher die Bürgschaft nicht vorweisen, ist der Vertrag geplatzt“, erläutert eine Sprecherin der 57 000 Einwohner zählenden Industriestadt am Bodensee. Hinter den Kulissen arbeitet die Kommune längst an einem Bäderkonzept, das für Friedrichshafen endlich maßgeschneidert sein soll. Gegen den baldigen Baubeginn spricht auch, dass im renovierungsbedürftigen Frei- und Seebad längst die Vorbereitungen für die diesjährige Badesaison anlaufen. Das Bad aber könne durch das Hin und Her mit Eicher wohl erst im Juni öffnen, erklärt die Sprecherin.

Versprechungen, Versicherungen und Ultimaten

Seit 2004 hat es Eicher geschafft, die Stadt mit immer neuen Versprechungen, Versicherungen und, wenn nötig auch Ultimaten, bei Laune zu halten. Eine – für sich genommen – schon ganz erstaunliche Leistung. Rätselhaft bleibt nur, warum die Stadtväter diesen Langmut bewiesen haben. Jetzt jedoch gehen auch die sanftmütigsten Gemeinderäte auf Distanz. „Eicher muss sich jetzt an der Messlatte messen lassen, die er selbst gelegt hat“, sagt Achim Brotzer von der CDU. „Eicher hätte genügend Zeit gehabt, den vertraglich vereinbarten Finanzierungsnachweis zu bringen“, pflichtet SPD-Rat Roland Frank bei.

Selbst das Lokalblatt „Schwäbische Zeitung“, das bis zuletzt fest zu dem umstrittenen Bauherrn stand, rückt allmählich von dem Investor ab, hat aber sichtlich Mühe, diese abrupte Kehrtwende den geneigten Lesern in Berichten und Kommentaren zu erklären.

Eicher selbst gibt sich unverdrossen. Schon als OB Brand vor zwei Wochen das endgültige Ende der Frist verkündete, konterte er mit einer zeitgleich per E-Mail verschickten Presseerklärung unter der Überschrift: „Was die Bürgerinnen und Bürger von Friedrichshafen auch wissen sollten“. Darin werden auf drei DIN-A4-Seiten „rufschädigende und diskreditierende Kampagnen“ beklagt und angebliche „Versäumnisse der Stadt Friedrichshafen“ aufgelistet, die ihn Millionen gekostet und das Projekt immer wieder verzögert hätten.

Von eigenen Versäumnissen des Langzeitprojektentwicklers liest man dort nichts. Womöglich geht es Eicher bereits darum, seine mittlerweile rund sechs Millionen Euro umfassenden Vorleistungen von der Stadt ersetzt zu bekommen.