Weil eine Augustinerin einst eine Vision von Jesus hatte, wird heute Fronleichnam gefeiert. Eine besondere Rolle bei diesem Hochfest der Katholiken hat Hostie, das geweihte Brot.

Die Geburt von Jesus Christus, sein Tod am Kreuz und die Wiederauferstehung – warum rund um Weihnachten und Ostern gefeiert wird, bekommen wohl auch die meisten Nicht-Christen zusammen. Bei vielen anderen Feiertagen des Kirchenjahres lässt das religiöse Grundwissen aber schon eher im Stich. Was Katholiken an Fronleichnam, das jetzt vor der Tür steht, feiern, und warum an diesem Tag eindrucksvolle Prozessionen durch die Städte und Gemeinden ziehen, erzählt Anton Gruber, Pfarrer an der katholischen Kirche St. Peter und Paul in Weil der Stadt.

 

Brot und Wein als Sinnbild für Leib und Blut Jesu Christi

Herr Gruber, was wird an Fronleichnam eigentlich gefeiert?

Am Tag vor seinem Tod hat Jesus mit seinen Jüngern das letzte Abendmahl in Jerusalem gefeiert, das ist vielen bestimmt auch wegen des berühmten Gemäldes von Leonardo da Vinci bekannt. Jesus ahnte, es wird für ihn kritisch, er wird eventuell die kommenden Tage nicht überleben. Deshalb sagte er seinen Jüngern: Wenn ihr Brot und Wein miteinander teilt und euch an mich erinnert, dann bin ich darin bei euch. Fronleichnam heißt deshalb auch in kirchlich korrekter Sprache „Hochfest des allerheiligsten Leibes und Blutes Christi“. Eigentlich ist dies ein toller Anlass. Beim letzten Abendmahl, dem heute an Gründonnerstag gedacht wird, kann allerdings angesichts der drohenden Auslieferung Jesu und seines Todes am nächsten Tag, dem Karfreitag, nicht so viel Stimmung aufkommen.

Deshalb wird dieser Aspekt an Fronleichnam „nachgeholt“?

Genau. Im Jahr 1209 hatte eine Augustinerchorfrau, die heilige Juliana von Lüttich, eine Vision, in der Jesus ihr sagte, es fehle ein Fest im Kirchenjahr. Man wollte die schöne Seite des Gründonnerstags feiern, dieser Tag selbst kam allerdings ebenso wenig in Frage wie die österliche Zeit bis Pfingsten. Man wählte also den nächstmöglichen Donnerstag aus. 1264 wurde Fronleichnam offiziell vom Papst eingeführt und wird seitdem immer neun Wochen nach dem Gründonnerstag begangen.

Was bedeutet Ihnen der Feiertag?

Fronleichnam ist einfach ein richtig schönes Fest. Man geht stolz aus dem Kirchenraum heraus, es gibt eine große Prozession, bei der das heilige Brot der ganzen Stadt gezeigt wird. Bei uns in Weil der Stadt feiern wir Fronleichnam relativ klassisch. Wir beginnen um 9 Uhr mit einem Freiluftgottesdienst, dann folgt die Prozession, bei der auch der Chor und der Musikverein dabei sind. Nach einer Station am Marktplatz endet der Zug dann in der Pfarrkirche St. Peter und Paul.

Stört es Sie, dass heutzutage immer weniger Menschen wissen, warum christliche Feiertage überhaupt gefeiert werden?

Natürlich finde ich es schade, weil es eine Verarmung ist. Dabei ist es toll, das Kirchenjahr mit all seinen Festen mitzuerleben, sich mit Jesus mitzufreuen, aber auch mal mit ihm mitzuleiden, etwa am Karfreitag, wenn wir dem Sterben Jesu Christi am Kreuz gedenken. Aber jedes Jahr wieder weiß man: Es gibt ein Happy End – für ihn genauso wie einmal auch für uns.