Etwa 1,3 Millionen Tonnen Reinigungs- und Waschmittel kaufen die Deutschen pro Jahr. Doch wer es mit dem Putzfimmel übertreibt, kann durch die Reinigungsmittel und die fehlenden Bakterien in den eigenen vier Wänden krank werden. Vor allem aber leidet die Umwelt unter den Chemikalien in den Reinigungsmitteln, die im Abwasser landen.

Stuttgart - Kaum setzen die ersten Sonnenstrahlen Fingerabdrücke und Blütenstaub auf Fensterscheiben so richtig in Szene, wird in vielen deutschen Haushalten gesprüht, gewischt und geschrubbt, bis auch die Nachbarn das Putzmittel riechen können. 64 Kilogramm Wasch- und Reinigungsmittel kauft ein Vier-Personenhaushalt jedes Jahr. Immer häufiger sind darunter Desinfektionsmittel und Reiniger mit angeblich antibakterieller Wirkung. Braucht ein normaler Haushalt solche Mittel wirklich? Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Frühjahrsputz.

 

Welche Putzmittel braucht ein normaler Haushalt?

Allzweckreiniger, Handspülmittel, Sanitärreiniger mit Zitronensäure und eine Scheuermilch: Dieses Putzmittelquartett ist meist ausreichend, sagt Marcus Gast, Fachbereichsleiter für Wasch- und Reinigungsmittel beim Umweltbundesamt. Aggressive Reiniger mit den Symbolen „ätzend“ oder „reizend“ können dagegen die Haut verletzten, wenn man ohne Handschuhe arbeitet und empfindliche Oberflächen schädigen. Vor allem in Haushalten mit Kindern sollte man sie meiden. Steht doch versehentliches Trinken von Putzmitteln immer noch ganz oben auf der Anrufliste der Vergiftungszentralen. „Statt aggressive Reiniger zu verwenden, nimmt man lieber mildere Mittel und lässt diese länger einwirken“, sagt Gast. Wer sich von aggressiven Reinigern trennen möchte, wirft diese übrigens keineswegs in den Hausmüll. Als Problemstoffe gehören sie entweder auf einen Wertstoffhof oder können bei einem Schadstoffmobil abgegeben werden.

Wie sieht es mit Desinfektionsmitteln aus?

Auch Desinfektionsmittel „sind in unseren Breiten nicht nötig“, sagt Armin Schuster, Biologe am Institut für Umweltmedizin und Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum Freiburg. Geputzt werde im Haushalt, um Verschmutzungen zu entfernen und nicht, um Keime loszuwerden. „Wer ständig Angst vor Keimen hat, leidet an Hygienewahn.“

Als mikrobiologisch gefährlichster Ort im Haushalt gilt übrigens nicht etwa die Toilette, sondern die Küche. Dort muss man im Umgang mit so genannten Risikolebensmitteln wie rohem Fleisch, rohem Ei und Rohmilchprodukten aufpassen. Diese können für den Menschen gefährliche Darmkeime enthalten. Desinfektionsmittel braucht aber auch hier keiner einzusetzen. „Es reicht, nicht das selbe Schneidebrett für Fleisch und Gemüse zu verwenden, Lebensmittel kühl und nicht zu lange zu lagern, beim Kochen ausreichend zu erhitzen und sich regelmäßig die Hände zu waschen“, sagt Schuster. Nach dem Kochen gehören Geschirr und Arbeitsflächen richtig gereinigt und Handtücher sowie Spülschwämme regelmäßig gewaschen beziehungsweise entsorgt.

Stimmt es, dass Desinfektionsmittel Allergien begünstigen?

Das Umweltbundesamt hat über mehrere Jahre die Allergieentwicklung bei Kindern und Jugendlichen untersucht. Das Ergebnis: In den Haushalten, in denen häufig mit Desinfektionsmitteln geputzt wurde, traten bei den Kindern und Jugendlichen mehr Allergien auf, als in den Haushalten, in welchen diese Mittel nicht verwendet wurden. Über die Ursache mutmaßen Experten bislang lediglich. „Einige Wirkstoffe von Desinfektionsmitteln sind potenzielle Kontaktallergene“, sagt der Biologe Armin Schuster. Das bedeutet: Sie lösen bei der Berührung mit dem Körper eine allergische Reaktion aus. Eine andere Erklärung ist, dass das Immunsystem besser trainiert wird, wenn es mit Bakterien und Keimen in Kontakt kommt. Werden Hände, Spielzeug und Böden aber schon für Kleinkinder desinfiziert, fehlt dieses Training, sagt Marcus Gast vom Umweltbundesamt. Mittlerweile leidet bereits jeder dritte Deutsche unter Allergien.

Zieht zu viel Putzmittel Dreck an?

Zieren nach dem Putzen hässliche Schlieren Boden oder Fenstern, hat man zu viel Putzmittel verwendet. Hinzu kommt, dass diese überflüssigen Mittel wie ein Magnet wirken: Neuer Schmutz bleibt an ihnen kleben, man muss schneller wieder wischen.

Welchen Einfluss auf den Putzerfolg haben die richtigen Reinigungstücher?

Einen genauso großen, wie die Putzmittel. Erklären lässt sich das mit dem so genannten Sinnerschen Kreis, der vom Chemiker Herbert Sinner stammt. Demnach hängt der Erfolg beim Putzen von vier Faktoren ab: 1. Von der Chemie, also vom richtigen Reinigungsmittel. 2. Von der Mechanik, also vom richtigen Reinigungstuch und dem damit verbundenen Schrubben und Reiben. 3. Von der verwendeten Zeit. 4. Von der Temperatur. Erhöht man einen dieser Faktoren, braucht man von einem anderen weniger. Lässt man also beispielsweise wenig Putzmittel eine Weile einwirken und schrubbt dann mit einem rauen Lappen längere Zeit kräftig darüber, wird die Fläche genauso sauber, wie wenn man viel Putzmittel verwendet, es aber nicht einwirken lässt und nicht richtig schrubbt. Die Temperatur spielt vor allem beim Wäsche waschen eine Rolle.

Was aber ist nun ein gutes Reinigungstuch? Marcus Gast vom Umweltbundesamt empfiehlt Microfasertücher. Die vielen feinen Fasern sorgen für viele Berührungspunkte zwischen Tuch und zu reinigender Oberfläche. Der Effekt ist ähnlich wie bei einer Bürste. Viele Tücher sind universell einsetzbar. Manche aber haben einen bestimmten Härtegrad und sind beispielsweise nicht für empfindliche Oberflächen geeignet oder fusseln auf Glas. „Hinzu kommt, dass man aus Hygienegründen natürlich für die Toilette, für den Sanitärbereich, für die Küche und für die Böden ein jeweils eigenes Tuch nutzt“, sagt Gast.

Warum leidet die Umwelt unter den Putzmitteln?

Über den Abfluss gelangen die chemischen Reiniger ins Abwasser und in die Kläranlagen. Dort wird zwar ein Großteil der Phosphate, Duftstoffe und Enzyme wieder herausgefiltert – aber eben nicht alle. „Phosphate sorgen in den Gewässern für eine Algenexplosion, Duftstoffe sind schlecht biologisch abbaubar und verursachen obendrein Allergien“, sagt Marcus Gast vom Umweltbundesamt.