Am Samstag feiert Mark Roschmann seine offizielle Premiere als Schausteller-Vertreter. Dabei tritt er in die Fußstapfen von Joachim Hohl, der Roschmanns Lehrmeister war. Roschmann will sich für die Kleinen seiner Zunft einsetzen.

Freizeit & Unterhaltung : Ingmar Volkmann (ivo)

Stuttgart - Die beste Zeit, das Frühlingsfest zu besuchen, ist wenige Tage vor dem eigentlichen Festbeginn. Wenn man an einem frühlingshaften Montag über den Platz schlendert, ist die Ruhe vor dem Sturm beinahe zum Greifen nahe. Hier wird der Schriftzug des Fahrgeschäfts „Psycho“ auf einem Laster gereinigt, dort findet ein letzter Boxenstopp samt Unterbodenreinigung am Autoscooter statt. Bei so viel Liebe zum vergnüglichen Gefährt würde selbst Sebastian Vettel mit der Zunge schnalzen. Angesichts des Fuhrparks, der zwischen den Fahrgeschäften und Imbissbuden steht, würde der Formel-1-Weltmeister wohl ebenfalls anerkennend nicken. Bei zwei verschiedenen Porsche-Modellen, der beinahe kompletten Daimler-Produktpalette und einem in der Sonne blitzenden Maserati fragt man sich schon, ob die Schausteller-Branche angesichts der Mindestlohngesetzgebung derzeit nicht auf ganz hohem Niveau jammert.

 

Diese Frage verneint Mark Roschmann selbstverständlich heftig. Roschmann ist seit Januar der Vorsitzende des Schaustellerverbandes Südwest Stuttgart. Er tritt damit die Nachfolge des in der Branche legendären Joachim Hohl an, der im vergangenen Jahr nach heftiger Krankheit zu früh gestorben ist. „Das sind natürlich riesige Fußstapfen“, sagt Roschmann, der vor seinem Wohnwagen an einem Campingtisch zum Gespräch bittet, und zündet sich mit seinem Obi-Feuerzeug erstmal eine Zigarette der Marke Marlboro an.

Schausteller in der vierten Generation

Beim Frühlingsfest auf dem Cannstatter Wasen, das am Samstag beginnt und bis 10. Mai dauert, feiert Roschmann als oberster Strippenzieher der Schausteller sozusagen offiziell Premiere. Gewählt wurde er bereits im Januar, die Diskussion um die Auswirkungen der neuen Mindestlohngesetzgebung bieten ihm jetzt die perfekte Bühne, um sich politisch zu profilieren. „Ich habe einen guten Draht zu Nico Lustnauer, mit ihm gemeinsam gehen wir das Thema an“, sagt Roschmann. Lustnauer ist der Vizepräsident des Landesverbands der Schausteller und Marktkaufleute, der zweiten großen Interessenvertretung des Schaustellergewerbes.

Mark Roschmann stammt aus einer Schaustellerfamilie. Der 34-Jährige führt das Familienerbe in vierter Generation fort. „Mein Uropa Paul kommt aus Gerlingen, er hat 1920 mit einer Schießbude angefangen. Damals wurden die Geräte noch in Leonberg auf den Zug verladen und auf der Schiene nach Bad Cannstatt gebracht“, erzählt er, während der Mops der Familie durch die Tür des Wohnwagens blinzelt.

Als Schausteller tritt man gegen große Konkurrenz an

Roschmanns Geschwister sind auch beim Frühlingsfest vertreten. Während Mark ein Fahrgeschäft für Kinder betreibt, zeichnet sein Bruder David für einen Autoscooter verantwortlich. Seine Schwester Sarah verkauft Schokofrüchte, die Tante verantwortet eine Berg- und Talbahn. Mark Roschmann organisiert als Generalunternehmer überdies Feste aller Art, vom Feuerwehrfest bis zum Vergnügungsparkteil beim Leonberger Pferdemarkt. „Bis vor 20 Jahren hat meine Familie noch fast 50 Feste im Jahr gemacht. Heute gibt es zwar eine größere Gier des Menschen, sich in der Freizeit zu vergnügen, die Konkurrenz ist aber auch viel größer und die Leute sind dadurch übersättigt“, sagt Roschmann. „Damals gab es nur die Wahl zwischen Schwimmbad, Kino oder Festplatz. Der Autoscooter war ein Highlight, in jedem Dorf gab es ein Fest“, so Roschmann weiter.

In den Schaustellerverband ist Roschmann wegen Joachim Hohl eingetreten. „Er hat die Jugend immer gefördert, aber auch gefordert.“ Hohl nahm den jungen Roschmann unter seine Fittiche. „Wir waren viel unterwegs zusammen auf Delegiertentagen, durch ihn habe ich viel gelernt.“ Dabei sei er selbst kein Mensch, der unbedingt in der Öffentlichkeit stehen müsse. Nach dem überraschenden Tod von Hohl sei aber wichtig gewesen, dass die Verbandsarbeit weitergeht: „Damit auch die kleinen Schausteller ihre Daseinsberechtigung haben“, sagt Roschmann.