Welchen Weg hat das Wasser hinter sich, bevor es aus dem Hahn fließt? Einige Leser der Filder-Zeitung erfahren alles Wissenswerte bei einer Exklusiv-Führung auf der Rohrer Höhe.

Rohr - Gäste haben normalerweise keinen Zutritt. Allenfalls Studenten nehmen hin und wieder Einblick in die spannende Unterwelt. „Selbst aus Brasilien und China kommen die zu uns“, sagt Udo Krüger, Betriebsleiter des Hochbehälters Rohrer Höhe.

 

Mindestens so wissbegierig wie angehende Wassertechniker und Maschinenbauer haben sich die beiden Besuchergruppen gezeigt, die am Samstag von Krüger, seinem Stellvertreter Dennis Rieck und ihrer Kollegin Maria Quignon eine Exklusiv-Führung geboten bekommen haben. Anlass der gemeinsam mit der Filder-Zeitung organisierten und rasch ausgebuchten Veranstaltung war das 60-Jahr-Jubiläum des Zweckverbandes Bodensee-Wasserversorgung (BWV).

Das Reservoir birgt 100 000 Kubikmeter Wasser

Wie berichtet entstand 1958 und somit bereits vier Jahre nach dieser Gründung der Rohrer Hochbehälter. Das damalige Fassungsvermögen von 25 000 Kubikmetern ist allerdings längst Geschichte: Nach zwei Erweiterungen birgt das Reservoir inzwischen 100 000 Kubikmeter Wasser – und ist damit eines der größten in Deutschland. Vor dem Gang durch die Hallen tauchte Maria Quignon mit den Besuchern in die Entwicklungsgeschichte der Anlage ein. Dass dieser „Tauchgang“ unter freiem Himmel stattfand, hatte seinen Grund: In den Behälterkammern ist es sechs Grad Celsius frisch, zudem rauschen die Turbinen.

In den Gründungsjahren habe sich die bestehende Fernwasserversorgung rund um Stuttgart als unzureichend erwiesen, erläuterte die BWV-Sprecherin. Die Bevölkerung war gewachsen, die Industrialisierung hatte zugelegt, so dass sich Städte und Gemeinden zum Zweckverband zusammen schlossen und eine gemeinsame Aufbereitungsanlage am Bodensee in Angriff nahmen. Vom Sipplinger Berg in 710 Metern Höhe fließt das Wasser über ein natürliches Gefälle in Richtung Norden inzwischen fast bis zum Odenwald. Dort taucht es nach sieben Tagen auf, bereits nach 36 Stunden kommt es in Rohr an.

Keine Chance für Plankton und Schwebstoffe

Die Qualität sei hervorragend, betonte Maria Quignon, dazu trage auch der Ausbau der Kläranlagen rund um den See bei. In 60 Metern Tiefe werde dort das kalkarme Wasser entnommen und in drei Reinigungsstufen aufbereitet: Zwei Mikrosiebgänge und reiner Sauerstoff lassen Plankton und Schwebstoffen keine Chance.

„Wir trinken das Wasser mit Genuss, so wie es aus der Leitung kommt“, erklärten die Experten unisono und verwiesen „Energiesteine“ oder Haushalts-Filtersysteme in den Bereich der persönlichen Vorlieben. Auch die Sorge vor Bleirohren sei unbegründet – die gebe es seit vielen Jahren nicht mehr.

Bevor sich die Tür schließlich öffnete, erfuhren die Interessierten noch, dass in Rohr eine tägliche Prognose, die sich an Bedingungen wie etwa der Witterung orientiert, die Fördermenge bestimmt, die an die Mitglieds-Kommunen geliefert wird. Am Bodensee entnehme der Zweckverband lediglich ein Prozent jener Wassermenge, die aus den Alpen zufließe.

Bewährte Aufbewahrungsmethode „dunkel und kühl“

Doch dann hieß es: eintreten, Folienschutz über die Schuhe streifen – und staunen. Kristallklar und spiegelglatt schimmerten 100 000 Kubikmeter Wasser im geheimnisvoll-künstlichen Licht der sechs säulengestützten Behälterkammern. Die bewährte Aufbewahrungsmethode „dunkel und kühl“ habe auch beim Lebensmittel Wasser seine Richtigkeit, versicherten die Fachleute.

„Eine tolle Gelegenheit, hier herein zu schauen“, sagte Marlene Kohler, die als Anwohnerin gern am Hochbehälter vorbei spaziert und sich unter dem Innenleben bislang wenig vorzustellen vermochte. Sie freute sich deshalb ebenso über die Initiative der Filder-Zeitung wie Zlatko Kavlina. „Ohne Wasser gibt es kein Leben“, machte er deutlich, welche Bedeutung das kostbare Nass hat. Auch Tochter Chiara Spiera bereute die Anmeldung nicht, ganz im Gegenteil: Sie stelle sich das Sipplinger Werk ebenfalls sehenswert vor, meinte sie. Einen Ausflug an den Bodensee legte Maria Quignon allen Gästen ans Herz: „Dort sind die Führungen jedermann zugänglich“, sagte sie schmunzelnd.