Die Führungsakademie des Landes, inspiriert durch das französische Vorbild, gilt als ENA im Spätzlesformat. Die Ausbildung wurde jetzt umgestellt und erfolgt berufsbegleitend – nicht ohne Grund.

Karlsruhe - Als Lothar Späth 1986 die Führungsakademie gründete, hatte der damalige Ministerpräsident so etwas wie eine schwäbische Ausgabe der französischen Verwaltungshochschule ENA im Sinn. An der École nationale d’administration in Straßburg wird die Verwaltungselite Frankreichs ausgebildet. Auch die Politik wird stark von ENA-Absolventen geprägt. Ob Emmanuel Macron, François Hollande oder Jacques Chirac – sie alle sind ENA-Absolventen.

 

Das braucht Baden-Württemberg auch, dachte der umtriebige Späth und etablierte das neue Institut in Karlsruhe. Dort hat sie im Schwedenpalais aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein repräsentatives Domizil gefunden – gleich gegenüber der Kunsthalle. Das Bundesverfassungsgericht ist kaum mehr als einen Steinwurf entfernt, dahinter grüßt das Schloss mit der Badenfahne auf dem Dach.

Späth verfolgte das Ziel, dass im Landesdienst nur noch in eine Führungsfunktion gelange, wer den Führungslehrgang erfolgreich bestanden habe. Mehr als 400 Absolventen gibt es inzwischen. Tatsächlich sind aus der Führungsakademie etliche Spitzenbeamte hervorgegangen. Von den derzeit aktiven gehören dazu: Gerda Windey, Ministerialdirektorin im Kultusministerium, und deren Amtskollege Wolf-Dietrich Hammann im Sozialministerium. Verfassungsschutz-Präsidentin Beate Bube zählt ebenso zu den Absolventen wie Landespolizeipräsident Gerhard Klotter und Oberfinanzpräsidentin Andrea Heck. Auch der Karlsruher Landrat Christoph Schnaudigel durchlief den Führungslehrgang, ebenso dessen Reutlinger Kollege Thomas Reumann. Selbst Theologen bemühen sich um Expertise im Führen und Verwalten: Der evangelische Landesbischof Frank Otfried July absolvierte Mitte der 90er Jahre den Führungslehrgang. Die Landespolitik rekrutiert ihren Nachwuchs indes noch kaum von der Akademie. Andreas Renner (CDU) war dort, der frühere Sozialminister, der inzwischen für den Energiekonzern EnBW arbeitet.

Die Besten durften gar nicht nach Karlsruhe

Im Ganzen gesehen blieb die Führungsakademie aber in ihrer Bedeutung als Kaderschmiede hinter den Erwartungen zurück, zu einer ENA nach französischem Vorbild geriet sie nicht, sie war – wie manche spötteln – das „ENAle“. Hubert Wicker, seit Sommer Präsident der Führungsakademie, erinnert sich: Die Gründung der Führungsakademie sei in den Ministerien reserviert aufgenommen worden. „Dass da welche auf der Überholspur daherkommen“, das sei nicht so gern gesehen worden. Die Beamtenschaft hielt das Anciennitätsprinzip in Ehren, man konnte sich eine Karriere auch ersitzen. Vor allem aber, erzählt Wicker, hätten sich die Ministerien wenig geneigt gezeigt, ihre besten Leute ziehen zu lassen. „Die wollten sie behalten, sie wurden ja auch gebraucht.“

Wicker ist Fachmann, er leitete unter Ministerpräsident Günther Oettinger als Staatssekretär das baden-württembergische Staatsministerium, er war Regierungspräsident in Tübingen, Amtschef im Finanz- und später im Wirtschaftsministerium, außerdem Landtagsdirektor. Zuvor hatte er als Amtschef im sächsischen Innenministerium Aufbauarbeit geleistet.

Wicker setzt sich das Ziel, „dass diejenigen, die sich der Herausforderung der Führungsakademie stellen, in der Folge eine Karrierestufe weiterkommen“. Dann allerdings hätten sie sich neu zu bewähren. Der Führungslehrgang müsse einen Mehrwert bringen, der nicht nur in mehr Wissen und in einer Horizonterweiterung bestehe.

Einen Freifahrschein zu den Spitzenbesoldungsgruppen B 6 (Ministerialdirigent und Abteilungsleiter in einem Ministerium) oder B 9 (Ministerialdirektor und Amtschef) gebe es freilich nicht. Die Lehrgangsteilnehmer werden von ihren Ressorts vorgeschlagen, die meisten kommen in der Besoldungsgruppe A 14/A 15 (Oberregierungsrat/Regierungsdirektor) nach Karlsruhe. Mit dem 24. Führungslehrgang, der im September begonnen hat, ist einiges anders geworden. Der Lehrgang ist jetzt berufsbegleitend konzipiert: Er soll familienfreundlicher werden. Es ist auch ein Zugeständnis an die Ministerien, damit sie gute Leute den Weg auf die Führungsakademie freigeben, denn diese bleiben auf ihren Personalstellen. Der elfmonatige Lehrgang erstreckt sich in verschiedenen Modulen über insgesamt zwei Jahre. Unter den gegenwärtig 20 Teilnehmern in Karlsruhe finden sich keineswegs nur (Verwaltungs-)Juristen. Philologen sind dabei, ein Philosoph, Vermesser, Straßenbauer, auch eine Tierärztin.

Nicht nur Juristen unter den Teilnehmern

Der Führungslehrgang ist das eine, die Akademie unterhält aber noch andere Aktivitäten. Dazu gehört zum Beispiel die Fortbildung zu Digitalisierung, Bürgerbeteiligung oder Flüchtlingsintegration, eine Einführungsqualifizierung für alle außerhalb des Lehramts, die neu in die Landesverwaltung eingestellt werden, außerdem der Aufstiegslehrgang vom gehobenen in den höheren Dienst.