Führungsstreit beim VfB Stuttgart Spielt der sportliche Erfolg Hitzlsperger in die Karten?

Wer hat das bessere Ende für sich: Claus Vogt (li.) oder Thomas Hitzlsperger? Foto: Baumann/Alexander Keppler

Der Vorstandschef des VfB Stuttgart steht durch den Machtkampf mit Präsident Claus Vogt bei Teilen der Fans hart in der Kritik. Warum am Ende der sportlichen Führungsfigur die Leistungen der Mannschaft aber zugute kommen könnten.

Sport: Gregor Preiß (gp)

Stuttgart - Es gehört zur langen Tradition beim krisenerprobten VfB Stuttgart, dass einer Führungskrise stets eine sportliche Talfahrt vorausging. Die logische Wechselwirkung der Ergebnisse auf dem Platz, die sich früher oder später auch in den Chefetagen an der Mercedesstraße niederschlugen. Im aktuellen Fall verhält es sich nicht nur andersherum, sondern sogar noch ein Stück weit verquerer: Die Führungskrise brach inmitten des sportlichen Aufschwungs aus.

 

Nun liegt der Ursprung des Konflikts zwischen Vorstandschef Thomas Hitzlsperger und dem Präsidenten Claus Vogt, der sich über den Jahreswechsel in einer nie da gewesenen öffentlichen Schlammschlacht entlud, schon länger zurück. Man darf aber davon ausgehen, dass die sportliche Führungsfigur Hitzlsperger die Lawine nicht losgetreten hätte, wäre der VfB zu diesem Zeitpunkt auf einem Abstiegsplatz gestanden. Ein Stück weit hat sich der 38-Jährige die sportlichen Erfolge in diesem Konflikt zunutze gemacht. Sie waren sogar Teil seiner Argumentationsgrundlage: Vogt drohe einzureißen, was die sportliche Leitung aufgebaut habe, schrieb der Bayer in seinem offenen Brief.

Lesen Sie hier: Ex-Präsident Dietrich kritisiert Hitzlsperger

Nun da sich der Rauch fürs Erste verzogen, die Mannschaft seit der Eskalation eine Niederlage und einen Sieg eingefahren hat, stellt sich mit Blick auf die Präsidentenwahl am 18. März die Frage: Wem nutzt der sportliche Höhenflug im Machtkampf mehr: Vogt oder Hitzlsperger?

Im Ansehen der Fans hat der Sportvorstand und AG-Chef einen rasanten Sturzflug hingelegt. Vom geschätzten, anerkannten, teils sogar verehrten Heilsbringer zum Bösewicht des Trauerspiels. Dies gilt zumindest für jenen Teil der Anhänger, die öffentlich den Ton angeben. Die Ultras vom Commando Cannstatt skizzieren den 38-Jährigen als Daimler-Marionette und wollten die Mercedesstraße – Vorsicht Satire! – schon zur Thomas-Hitzlsperger-Allee umbenennen. Der Schwabensturm erinnert rund ums Clubzentrum großplakativ daran, dass niemand größer als der Verein sei, und auch der Fan-Ausschuss hat sich positioniert: gegen Hitzlsperger.

Hier geht es zu unserem VfB-Newsblog

Nicht zuletzt lassen die Stimmungsmacher im Netz, all die Blogger und Podcaster, kaum ein gutes Haar am früheren Meistertorschützen, seit dieser angekündigt hatte, Vogt das Präsidentenamt streitig machen zu wollen. Die Gräben sind vor dem Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach am Samstag (18.30 Uhr) so tief, dass auch weitere Siege diese so schnell nicht einebnen werden. Wenn überhaupt. Das Vertrauen scheint verspielt. Nicht wenige ordnen den sportlichen Erfolg, der eigentlich über allem steht, einer ausgewogenen Struktur im Verein samt starker Mitgliederrechte unter.

Doch wie sieht es bei all jenen Anhängern des VfB aus, die sich in diesen Tagen nicht lautstark zu Wort melden, die unter den 71 500 Mitgliedern aber noch immer die große Mehrheit bilden? Sie haben sich, das ist eine Lehre aus der Vergangenheit und vielen Mitgliederversammlungen, noch selten in größerem Maße für Vereinspolitik interessiert. Außerdem verstehen viele nicht, warum die beiden Kontrahenten Vogt und Hitzlsperger eigentlich derart über Kreuz liegen. Die Vermutung liegt nahe, dass sich die Masse ähnlich wie bei Politikerwahlen im Zweifel von Gefühlen leiten lässt. Die wiederum stark von dem beeinflusst werden, worum es eigentlich geht: dem Fußball und dem Abschneiden auf dem Platz.

Lesen Sie hier: Hitzlspergers Manöver: Rechtlich zulässig, moralisch zweifelhaft

Weitere Siege und begeisternde Auftritte wie zuletzt beim 4:1 in Augsburg dürften also eher Thomas Hitzlsperger in die Karten spielen. Schließlich steht er eng an der Seite von Sportdirektor Sven Mislintat. Ihm wiederum werden vor allem die aktuellen Erfolge zugeschrieben. So sieht es auch Marketingexperte David Woisetschläger von der TU Braunschweig, der seit Jahren an der Fußball-Bundesliga als Markenlandschaft forscht. Er sagt: „Auch wenn der Kampf beiden schadet – der sportliche Erfolg würde am Ende demjenigen nutzen, mit dem er am stärksten in Verbindung gebracht wird.“ Also Hitzlsperger.

Denn Vogt, so beliebt er bei Teilen der Fans sein mag, ist in sportlichen Belangen außen vor. Das wissen die Fans. Spannend dürfte die Frage werden, wie sich die zumindest in Teilen digital abgehaltene Mitgliederversammlung am 18. März auf das Abstimmungsverhalten auswirken wird. David Woisetschläger prophezeit: „Der Konflikt wird zu einer größeren Mobilisierung beitragen.“ Auch das könnte ein Vorteil für den populäreren Kandidaten sein.

Vielleicht wird am Ende keiner der Streithähne nominiert

Vielleicht kommt es am Ende aber gar nicht zum Duell Thomas Hitzlsperger gegen Claus Vogt. In der kommenden Woche will der Vereinsbeirat seine Kandidaten benennen. Möglich, dass einer der beiden Streithähne nicht nominiert wird. Oder gar keiner der beiden.

Weitere Themen