Porträt der Woche: Bernhard Gartner hat ein seltenes Hobby. Er rennt durchs Gelände und sucht Sender. Bei dieser Art elektronischer Schnitzeljagd begeben sich Männer und Frauen auf die Suche nach einer gewissen Anzahl von Sendern.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Hoffeld - Bernhard Gartner sucht gern. Und das Getute aus den Kopfhörern hilft ihm. Morsezeichen wie moe, moi und mos leiten ihn querfeldein; eine Antenne, die er vor sich her trägt, liefert ihm die Tonsignale. Sein Empfänger soll ihn zum Sender führen – denn den zu finden, darum geht’s. Und weil die Zeit eine Rolle spielt, rennt er. Bernhard Gartner, 63, ist ein Funkpeiler.

 

Hobby: elektronische Schnitzeljagd

Was nach Rarität klingt, ist genau das. Das Hobby des Hoffelders ist die elektronische Schnitzeljagd. Männer und Frauen, aber vor allem Männer, laufen mit skurrilen Gerätschaften durchs Gelände und suchen eine bestimmte Anzahl versteckter Sender. Wem das am schnellsten gelingt, der hat gewonnen. Erst vor einer Woche war wieder ein Wettbewerb bei Herrenberg.

In der Region Stuttgart gibt es eine Clique von rund zwei Dutzend Funkpeilern, zu der Bernhard Gartner gehört. Bei aller Absonderlichkeit – Funkpeilen ist mehr als ein Hobby. Es ist ein Sport mit nationalen und internationalen Meisterschaften. Die jüngste Europameisterschaft war Anfang bis Mitte September in Polen. Bei ihr ging Bernhard Gartner allerdings nicht an den Start. Er ist im Mai beim Laufen umgeknickt, fiel deshalb eine Weile aus und konnte sich nicht qualifizieren. Nächstes Jahr bei der Weltmeisterschaft in Kasachstan möchte der 63-Jährige aber unbedingt wieder dabei sein.

Acht Kilometer in einer Stunde

Und das nicht ohne Grund, er kann’s. Bernhard Gartner ist ein erfolgreicher Funkläufer. „Warum das so ist, kann ich mir auch nicht richtig erklären“, sagt er. Vor Kurzem hat der Hoffelder bei der Deutschen Meisterschaft im Erzgebirge in seiner Altersklasse den ersten Platz gemacht. In etwa einer Stunde hat er alle fünf versteckten Sender gefunden. Dafür ist Bernhard Gartner etwa acht Kilometer gelaufen, meistens gerannt.

Zur Ausrüstung eines Funkläufers gehören Laufschuhe, Kopfhörer, ein Pinnbrett mit Kompass, Pinnnadeln, eine topografische Karte und natürlich der selbst gebaute Empfänger mit Antenne. Sind fünf Sender versteckt, läuft es so ab: Der erste Sender gibt eine Minute lang Signale, dann verstummt er, und der zweite ist an der Reihe. Und so weiter, in der Endlosschleife. Auf der Karte kann Bernhard Gartner sehen, wo Dickicht wuchert, wo es rauf geht und wo runter. Er pinnt die Nadeln an die Stelle, an der er einen Sender vermutet und präzisiert die Position ständig. Findet er einen Sender, steckt er seinen Chip rein, er wird später am Ziel ausgelesen.

Funken rund um den Globus

Wenn er im Regen im Gestrüpp steht und nicht weiterkommt, fragt er sich schon mal, was das eigentlich alles soll. Doch er kennt die Antwort. „Es ist extrem spannend“, sagt Bernhard Gartner. „Man muss sich schnell entscheiden und eine Reihenfolge festlegen. Das ist Abenteuer und immer wieder anders.“

Mit dem Funkpeilen hat der Mann aus dem Hoffeld Mitte der 1980er-Jahre angefangen. Einen Hang zu Funkwellen hat er hingegen schon sein ganzes Leben. Als Bub hat er Radios auseinander- und wieder zusammengebaut. Heute sitzt der Maschinenbautechniker gern in seinem Funk- und Bastelzimmer im Obergeschoss.

Auf dem Tisch stehen zig Apparate mit Drehknöpfen, ein Mikrofon und Kopfhörer. Bernhard Gartner ist Amateurfunker. Mit seinem Rufzeichen DF7SF funkt er rund um den Globus. „Der Antrieb ist, möglichst viele Länder zu sammeln“, sagt er. Wer 100 Länder hat, bekommt ein Diplom vom amerikanischen Amateurfunkverband. 305 Staaten hat Bernhard Gartner zusammen, er hat Kontakt in alle Erdwinkel. „Das Schwierigste ist Nordkorea“, sagt er. Da sei privates Funken zurzeit verboten. Und ein paar Inseln in der Südsee fehlen dem Hoffelder auch noch. Er sucht weiter.