So richtig euphorisch ist die Stimmung im Gastgeberland Deutschland bisher noch nicht. Aber der Run auf die Tickets für die Spiele der EM 2024 war groß.

Digital Desk: Michael Bosch (mbo)

An manchen Orten – Flughäfen und Bahnhöfen etwa – werden die Fans, die zur Fußball-Europameisterschaft in diesem Sommer nach Deutschland pilgern, schon jetzt von großformatigen Plakaten begrüßt. Und lange ist es auch nicht mehr hin bis zum Großereignis. An diesem Mittwoch waren es genau 100 Tage bis zum Turnierbeginn.

 

Die Gruppen sind ausgelost, die meisten Tickets vergeben, die Vorbereitung für das Turnier, das vom 14. Juni bis 14. Juli stattfindet, nimmt immer konkretere Formen an. Dabei scheint die Vorfreude hierzulande noch überschaubar. Philipp Lahm macht sich aber keine Sorgen. „Die Begeisterung ist da für das Turnier – in Deutschland, aber auch weltweit“, sagte der Chef des Organisationskomitees. Mit der Gruppen-Auslosung im Dezember sei „die Vorfreude noch größer geworden, weil es einfach greifbarer geworden ist“. Doch auch der Weltmeister-Kapitän von 2014 weiß: Es wäre „natürlich hilfreich“, wenn die deutsche Nationalmannschaft „wieder erfolgreicher Fußball spielen würde“.

Gibt es noch Tickets für die EM?

Kaum noch. Der Großteil der rund 2,7 Millionen Tickets ist verkauft. Die Nachfrage überstieg das Angebot deutlich – auch in der zweiten Verkaufsrunde (4. bis 12. Dezember). Eine weitere große Verkaufsphase ist nicht mehr geplant. Es sei „derzeit nicht möglich, Tickets zu kaufen“, heißt es von Seiten der Europäische Fußball-Union Uefa. „Weitere Details über künftige Ticketverkäufe werden zu gegebener Zeit bekannt gegeben“, teilt der Verband mit. Er plant auch eine Wiederverkaufsplattform, die noch im März an den Start gehen soll. Wann genau, ist noch nicht bekannt.

Dort können Menschen, die ein Ticket erhalten haben, es aber nicht nutzen können oder wollen, ihre Eintrittskarte verkaufen. Es gibt auch noch einige sogenannte Hospitality Pakete mit Tickets, die für die meisten Fans jedoch preislich wohl eher nicht infrage kommen. Nach Berichten sind noch etwa eine halbe Million Tickets nicht verkauft.

Wann stehen die letzten Teilnehmer fest?

Drei Teilnehmer für die EM fehlen noch. Diese werden am 26. März in drei Play-off-Finals gesucht. Fünf Tage zuvor sind zwölf Mannschaften in Halbfinals gefordert.

  • Der Sieger des Spiels Polen gegen Estland spielt gegen den Gewinner von Wales gegen Finnland um ein EM-Ticket.
  • Einen weiteren Startplatz machen Israel, Island, Bosnien-Herzegowina und die Ukraine unter sich aus.
  • Auf dem sogenannten Weg C spielen Georgien, Luxemburg, Griechenland und Kasachstan um einen EM-Platz.

Unterstützer der drei Nationen, die sich in den Play-offs durchsetzen, haben für ihre Vorrundenspiele ein Vorkaufsrecht. Die meisten Tickets werden über die nationalen Verbände verteilt. Wie diese dabei vorgehen, ist ihnen selbst überlassen. Diese dritte Verkaufsphase findet Ende März oder Anfang April statt.

Wer überträgt die Spiele im TV?

Wer am Ende leer ausgeht, dem bleibt nur der Fernseher: ARD und das ZDF zeigen 34 der 51 EM-Partien live im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Darunter sind alle Spiele der deutschen Mannschaft, die Halbfinals und das Endspiel. Für einige Spiele steht bereits der konkrete Sender fest: Das Eröffnungsspiel Deutschland gegen Schottland ist im ZDF zu sehen, die beiden weiteren Gruppenspiele des Nagelsmann-Teams gegen Ungarn und die Schweiz im Ersten.

Anders als bei vorhergehenden Turnieren sind die öffentlich-rechtlichen Sender nicht die Rechteinhaber, sie haben Sublizenzen von der Telekom. Sie zeigt über ihr Streaming-Angebot MagentaTV alle 51 Spiele. Der Dienst ist allerdings kostenpflichtig. Nach Angaben der Telekom sind fünf Begegnungen exklusiv dort zu sehen. Weitere zwölf Spiele sind im Free-TV bei RTL zu sehen.

Gibt es während der EM Fanmeilen oder Public-Viewing-Veranstaltungen?

Ja. Beim WM-Sommermärchen 2006 gingen Bilder von feiernden Fans beim Public Viewing und auf den Fanmeilen um die Welt – das wünschen sich die Organisatoren auch in diesem Jahr. In den zehn Austragungsorten gibt es offizielle Fanzonen der Uefa, in denen die Spiele auf Großbildschirmen gezeigt werden. Also auch in Stuttgart.

Daneben wird es zahlreiche weitere Möglichkeiten geben, die Spiele in großer Runde zu verfolgen. Unter bestimmten Voraussetzungen brauchen Veranstalter zum Ausrichten von Public Viewings eine Lizenz der Uefa. Es herrsche eine „Ruhe vor dem Sturm“, die aktuell aber sehr willkommen sei, „denn dadurch haben wir gerade noch Zeit, alle Vorbereitungen zu treffen“, sagte Geschäftsführer Moritz van Dülmen von „Kulturprojekte Berlin“, das für die Planung und Umsetzung des Fanfests am Brandenburger Tor verantwortlich ist. Ein überdimensionales Tor direkt vor dem wichtigsten Wahrzeichen der Hauptstadt und ein dort ausgerollter Rasen sollen für Fußball-Flair sorgen.

Laut van Dülmen werden 2,5 Millionen Fans aus aller Welt in Berlin erwartet. Die Fanmeile, die zum Riesenerfolg der WM 2006 mit beigetragen hat, werde auch an den 31 EM-Tagen gut gefüllt sein. Auch Sprecher Tobias Kohler vom Olympiapark München, wo alle 51 EM-Spiele live auf drei Großbildleinwänden gezeigt werden, ist „sehr zuversichtlich“. Spätestens ab EM-Start „können wir uns auf ein tolles Fest freuen“, sagte er.

Wer sind die Titel-Favoriten?

Nach derzeitigem Stand gehört Gastgeber Deutschland nicht dazu – zumindest aus objektiver Sicht. Dabei scheint ein Ausscheiden in der Vorrunde durch das neue Turnierformat relativ unwahrscheinlich. Ganz oben auf der Liste der Buchmacher dürften wieder England und Frankreich stehen. Sie gelten aktuell als Topfavoriten auf den EM-Titel. Das englische Team mit Bayern-Stürmer Harry Kane und Mittelfeldstar Jude Bellingham von Real Madrid setzte sich in der Qualifikation souverän als Gruppensieger ohne Niederlage durch – unter anderem gegen Italien.

Frankreich um Kylian Mbappé zeigte zuletzt bei fast allen großen Turnieren bis ins Finale seine Klasse. 2016 unterlagen Les Bleus daheim Portugal im EM-Endspiel, 2018 wurde Frankreich Weltmeister und 2022 unterlag man im WM-Finale Argentinien. Auf Rang drei der EM-Favoritenliste liegt bei vielen Buchmachern überraschenderweise schon Deutschland – noch vor Spanien.