Viele Spiele beginnen wegen der Zeitverschiebung erst um 22 Uhr. Die Klassenlehrer haben freie Hand und können entscheiden, ob sie den frühen Unterricht später nachholen.

Stuttgart - Nur noch wenige Wochen bis zum Anpfiff, die Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien steht vor der Tür und mit ihr das Problem der Zeitverschiebung von fünf Stunden. Deshalb erfolgt der Anstoß einiger Spiele, vor allem der wichtigen, erst gegen 22 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit. Vor allem den jungen Fußballfans dürfte die Spätschicht am nächsten Morgen anzumerken sein.

 

Deshalb hat nun das Kultusministerium den Schulen im Land angeboten, die frühen Unterrichtsstunden während der Weltmeisterschaft ausfallen zu lassen und sie später am Tag nachzuholen. „Wir möchten den Schulen die Möglichkeit geben, flexibel zu entscheiden“, so eine Sprecherin des Ministeriums. Konkret heißt das, dass die genaue Ausgestaltung der Verschiebung bei den jeweiligen Schulen liegen soll.

Die Meinungen dort sind geteilt: „Wir freuen uns natürlich über diese Möglichkeit“, sagt Beate Müller, die Rektorin der Anne-Frank-Realschule in Möhringen. „Wir haben hier sehr viele sportbegeisterte Jugendliche.“ Allerdings wolle man abwarten, wie weit das deutsche Team in Brasilien komme und erst dann entscheiden.

Die ersten Spiele stellen zeitlich kein Problem dar

Tatsächlich stellen die ersten Spiele der deutschen Nationalmannschaft kein Problem dar; Spielbeginn ist zweimal um 18 Uhr und einmal um 21 Uhr. Sollte sich die Mannschaft fürs Achtelfinale qualifizieren und dann gar ins Halbfinale kommen, erfolgt der Anpfiff erst um 22 Uhr. Der Abend wird dann lang, sehr lang. „Wenn Deutschland weit kommt, werden wir auf jeden Fall reagieren“, sagt Peter Dünschede, der stellvertretende Schulleiter der Pestalozzischule. So sei man auch vor vier Jahren während der Weltmeisterschaft in Südafrika verfahren. „Die einzelnen Klassenlehrer müssen entscheiden, ob das sinnvoll wäre.“ Schließlich befinde man sich zu dieser Zeit auf der Zielgeraden des Schuljahres: „Wenn noch Stoff zu lernen ist, dann geht das natürlich vor.“

So sieht das auch Petra Wagner, die Leiterin des Wagenburg-Gymnasiums. „Es liegt an den jeweiligen Lehrern, Klassenarbeiten zu verschieben oder weniger Hausaufgaben aufzugeben“, sagt sie. Eine generelle Verschiebung der Unterrichtsstunden hält sie indes für viel zu kompliziert. Das lasse sich nicht realisieren. Die Mittagspause könne nicht verlegt werden, danach hätten viele Schüler Termine wie Klavierstunden oder Konfirmandenunterricht: „Dann wäre es schwierig, die Stunden nachzuholen.“ Außerdem sei kaum ein Konsens zu finden. Schließlich interessierten sich manche Schüler gar nicht für Fußball. Deshalb bleibe der Unterricht auch während der WM 2014 unverändert. Die Abschlussfeier würde allerdings verschoben, um nicht mit wichtigen Spielen zu kollidieren. Matthias Wasel, Leiter des Hölderlin-Gymnasiums, appelliert an die Fantasie der Lehrer: „Jedem steht es frei, die WM in den Unterricht einzubauen und so spielerisch darauf zu reagieren“, sagt er.

Brigitte Liebelt, Leiterin der Jörg-Ratgeb-Schule in Neugereut, erinnert sich an das Spiel Deutschland gegen Italien 1970 – weil sie es nicht sehen durfte. „Meine Eltern haben mich ins Bett geschickt.“ Darüber sei sie heute noch sauer. Es liegt also im Interesse der Lehrer, optimale Rahmenbedingungen für die WM zu schaffen.