Sie kämpften wie Löwen, besiegten ein B-Team des Weltmeisters und wähnten sich für zwei Minuten im Achtelfinale. Trotzdem ist Tunesien auch im sechsten Anlauf in der WM-Vorrunde gescheitert.

Trotz eines hochverdienten Sieges gegen ein B-Team von Weltmeister Frankreich hat die Fußball-Nationalmannschaft Tunesiens den historischen ersten Einzug ins Achtelfinale bei einer WM verpasst. Die Nordafrikaner besiegten den Titelverteidiger zum Abschluss der Gruppe D zwar mit 1:0 (0:0) und wähnten sich für zwei Minuten schon in der K.o.-Runde, verpassten wegen des gleichzeitigen Sieges Australiens gegen Dänemark aber den zweiten Platz in der Gruppe hinter den Franzosen. Der vermeintliche Ausgleich von Antoine Griezmann in der Nachspielzeit wurde wegen einer Abseitsposition noch zurückgenommen.

 

Dem Titelverteidiger, dessen Trainer Didier Deschamps seine Stammelf nach dem schon sicheren Achtelfinal-Einzug auf gleich neun Positionen umgebaut hatte, bleiben durch den australischen Sieg wohl Vorwürfe der vermeintlichen Wettbewerbsverzerrung erspart.

Der starke Kapitän Wahbi Khazri, der in Montpellier in Frankreich spielt, sorgte für den Siegtreffer (58.) für das Team um den Kölner Ellyes Skhiri. Frankreich wurde trotz der ersten Niederlage in einem WM-Spiel seit dem Viertelfinale 2014 gegen Deutschland (0:1) Gruppensieger. Gegner im Achtelfinale am Sonntag wird der Zweite der Gruppe C, der am Mittwochabend zwischen Polen, Argentinien, Saudi-Arabien und Mexiko ermittelt wird.

Frankreich schont zahlreiche Topstars

Deschamps hatte fast die komplette Startelf umgebaut. Nur Mittelfeldakteur Aurélien Tchouaméni und Abwehrspieler Raphaël Varane verblieben im Team, letzterer übernahm von Torhüter Hugo Lloris die Kapitänsbinde. Ins Team gespült wurden auch Kingsley Coman vom FC Bayern München und Randal Kolo Muani von Eintracht Frankfurt, die beide aber keine Eigenwerbung betreiben konnten. Bayerns Dayot Upamecano rotierte raus, sein Clubkollege Benjamin Pavard und der Mönchengladbacher Marcus Thuram hofften vergeblich auf eine Chance. Der Ex-Herthaner Mattéo Guendouzi kam zu seinem ersten Einsatz in Katar, Vater Mohamed war rechtzeitig eingeflogen und saß auf der Tribüne. Aber auch Tunesiens Coach Jalel Kadri änderte sein Team gleich auf sechs Positionen. Skhiri blieb drin, der gebürtige Freiburger Mohamed Dräger nicht.

Die Tunesier mussten liefern. Sie begannen druckvoll und ihre lautstarken Fans bejubelten in der 8. Minute schon die vermeintliche Führung. Nader Ghandri hatte den Ball nach einem Freistoß sehenswert ins Tor befördert, zuvor aber mit der Fußspitze im Abseits gestanden, weswegen der Treffer einkassiert wurde. Doch der Schwung der Nordafrikaner ließ dadurch nicht nach. Die Tunesier zeigten deutlich mehr Biss als die zusammengewürfelte Truppe des Weltmeisters. Den laut Statistik ersten Torschuss hatten trotzdem die Franzosen, doch Coman verzog aus spitzem Winkel (25.).

Tunesien belohnt sich für starken Auftritt

Deutlich knapper dran waren die Tunesier durch Khazri. Bei dem Schuss des 31-Jährigen hatte der diesmal im Tor stehende Steve Mandanda große Schwierigkeiten (35.). Das 0:0 im Parallelspiel zwischen Australien und Dänemark zur Pause ließ den Tunesiern alle Chancen offen, zu diesem Zeitpunkt fehlte ihnen nur ein Treffer zum Weiterkommen.

Auf den drängte der Außenseiter auch nach dem Wechsel unverdrossen - und wurde belohnt. Und natürlich war es der vorbildliche Kapitän Khazri, der ein starkes Solo vollendete. Der Jubel war groß, doch nur wenige Minuten später kam die Kunde von Australiens Führung gegen Dänemark. Bei den Franzosen kam nun unter anderem Stürmerstar Kylian Mbappé, kurz darauf auch Griezmann. Die beste Chance für den Weltmeister vergab Kolo Muani mit einem Schuss knapp neben das Tor (90.).