Bei der Fußball-WM in Brasilien werden viele Spiele nach unserer Zeit nachts angepfiffen. Das führt zum Konflikt zwischen WM-Zeiten und Arbeitszeiten. Finden auch manche Gewerkschaften.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Von Mitte Juni an wird die Republik – man ahnt es – ziemlich müde aus den Augen schauen. Die Zahl der Menschen, die morgens zu spät im Betrieb eintrudeln, wird dramatisch steigen. Droht gar ein viereinhalbwöchiger Konjunktureinbruch, weil übernächtigte Arbeitnehmer während der Fußball-Weltmeisterschaft nicht mehr ihre gewohnte Leistung bringen? Das wohl doch nicht.

 

29 der 64 Spiele beginnen wegen der Zeitverschiebung frühestens um 22 Uhr deutscher Zeit – zu spät für einen Arbeitnehmer, der um sechs Uhr ausgeschlafen am Band stehen muss. Nun liegt der Gedanke nahe, dass eine Gewerkschaft in dieser Zeit gerne die Frühschichten nach hinten verlegen würde – so könnte man wenigstens den Chef der Chemiegewerkschaft verstehen. „Ich finde, dass Arbeitgeber und Betriebsräte besprechen sollten, die Arbeitszeiten wenn möglich so zu gestalten, dass die Beschäftigten die WM-Spiele schauen können“, lässt sich Michael Vassiliadis zitieren. Auch Jakob Becker von Verdi Baden-Württemberg versichert, „dass ein solches Angebot der Arbeitgeber zur Zufriedenheit der Beschäftigten beiträgt“ – zumal viele Arbeitnehmer mit Migrationshintergrund oft auch Fans anderer Nationalteams seien.

Keiner will die Fußballfans vergraulen

Dennoch erscheint die Vorstellung, wegen der WM Arbeitsabläufe zu verändern, ziemlich waghalsig, denn das sonstige Leben geht ja auch weiter. Folglich ist keiner so richtig dafür, aber auch keiner vehement dagegen – denn niemand will die große Masse von Fußballanhängern vergraulen. Der IG-Metall-Bezirksleiter Roman Zitzelsberger meint vielmehr, dies sei Sache der Betriebe. „Fortschrittliche Unternehmen kommen in solchen Fragen ihren Beschäftigten entgegen“, stellt er fest.

Selbst der Arbeitgeberverband mag die Idee nicht verteufeln. „Die Organisation von Schicht- und Arbeitszeitplänen ist Sache der Betriebe“, sagt Peer-Michael Dick, der Hauptgeschäftsführer von Südwestmetall. „Ich bin mir aber sicher, dass dort, wo es möglich ist, die Unternehmen gemeinsam mit ihren Mitarbeitern eine Lösung finden werden.“ Die Metall- und Elektroindustrie sei schließlich bekannt für ihre Flexibilität. Diese sollte allerdings auch gegeben sein, „um kurzfristig auf Auftragsschwankungen zu reagieren“. Nach dem WM-Finale.