Gabrielle Turnquest hat es früh geschafft: Mit 16 schloss sie ein Psychologiestudium ab, mit 18 ist sie in die offizielle Anwaltskammer für die höheren Gerichte im Vereinigten Königreich aufgenommen worden. Und sie plant noch mehr.

Korrespondenten: Peter Nonnenmacher (non)

London - In Florida, wo sie einen Teil ihrer Kindheit verbracht hat, darf sie bis heute nicht mal ein Bier in einer Bar bestellen, ohne sich strafbar zu machen. In England aber steht ihr zu, im schwarzen Talar zum Plädoyer vor die höchsten Gerichte des Landes zu treten. Im Alter von 18 Jahren ist Gabrielle Turnquest feierlich in die offizielle Anwaltskammer für die höheren Gerichte im Vereinigten Königreich aufgenommen worden. In seiner mehr als 600-jährigen Geschichte hat das Gerichtswesen an der Themse noch keinen derart jungen „Barrister“ erlebt.

 

Für die frischgebackene Anwältin, die eigentlich noch ein Teenager ist und stolz mit ihrer blinkenden Zahnspange in die Kameras lächelt, ist diese Aufnahme in eine der renommiertesten Zünfte der Welt natürlich ein beträchtlicher persönlicher Triumph – zumal ihre Familie ursprünglich von den Bahamas kommt und sie nun überall von schwarzen Verbänden als Vorbild gefeiert wird. „Es ist mir eine große Ehre, die Prüfung zur Anwaltschaft als jüngste Person aller Zeiten absolviert zu haben“, hat sie gegenüber britischen Reportern bekundet. „Dabei war mir, als ich die Prüfung ablegte, gar nicht bewusst, wie viel älter die anderen waren.“

Mit 16 Psychologiestudium abgeschlossen

Das Durchschnittsalter zur Zulassung als „Barrister“ ist in England 27. Neun Jahre ist Turnquest also ihren Kolleginnen und Kollegen voraus. Für die jüngste Anwältin Englands sind frühe akademische Triumphe freilich nichts Neues. Mit 12 hatte sie ihre gleichaltrigen Schulkameraden schon weit hinter sich gelassen. Mit 14 begann sie an der Liberty University in Virginia ein Psychologiestudium, das sie mit 16 erfolgreich abschloss. Das war ihr erster Rekord, dem sie nun diesen zweiten folgen ließ.

Ihre Mutter, ihrerseits Anwältin und ehedem in der Bahamas-Hauptstadt Nassau angesiedelt, spielte offenbar eine zentrale Rolle bei Gabrielles Entwicklung. Sie tüftelte für ihre sechs Kinder ein Bildungsprogramm aus, das ihnen früh „auf die Sprünge“ helfen sollte. In einem ihrer Büroräume ließ sie die Sprösslinge von Privatlehrern unterrichten. Als Gabrielle zwölf Jahre alt war, zog die Familie nach Florida. Rückblickend empfindet die jetzt zur Anwältin Gekürte den heimischen Bildungsschub nicht mal als sonderliche Belastung. Sie habe einfach, hat sie es zu erklären versucht, „so viel an Information aufgesogen wie ich eben konnte“.

Das Jura-Schnellstudium in London absolvierte Turnquest zusammen mit ihrer vier Jahre älteren Schwester Kandi. Die nämlich schrieb sich an der University of Law an der Themse ein. Also zog Gabrielle einfach mit. Ein bisschen habe sie natürlich ihre Freunde und Altersgenossen von daheim vermisst, meint sie heute. Aber sie habe nicht das Gefühl, dass sie etwas verpasst habe. Dafür habe sie jetzt Zeit, sich alles Weitere zu überlegen.

Als nächstes will sie Mode studieren

Tatsächlich vor Gericht ziehen in London will Gabrielle nämlich nicht unbedingt. Eine Karriere als „Barrister“, für die ein weiteres Trainingsjahr vor Ort vonnöten wäre, schwebt ihr bei allem Hochgefühl über das Durchbrechen einer historischen Barriere nicht vor. Auf den Bahamas zu praktizieren, könnte zwar eine Alternative sein. Am liebsten allerdings, hat Gabrielle erklärt, wäre sie gern Anwältin im Modebereich.

Für ihren nächsten akademischen Abschluss hat sie darum diesmal eine kalifornische Uni, das poppige Modeinstitut für Design und Vermarktung, auf die Liste gesetzt. Die bunte Welt der Mode-Industrie habe sie „schon immer interessiert“, hat sie fröhlich bekannt. „Wir alle tragen ja Kleider. Die ganze Zeit sind wir von Mode umgeben.“ Und nicht nur von roten Richter-Roben und rabenschwarzen Anwalts-Talaren – wie in den Royal Courts.