Gartenboom in Stuttgart Schrebergärten sind gefragt wie noch nie

Der eigene Garten – in Stuttgart erlebt der Schrebergarten einen Boom. Foto: dpa/Roland Weihrauch

Corona und der Trend zum Selber-Anbauen sorgen für Hochbetrieb bei den Stuttgarter Gartenfreunden. Die Wartezeit bei der Stadt beträgt mindestens zehn Jahre.

Stadtleben/Stadtkultur: Jan Sellner (jse)

Stuttgart - Sabine Metzger gärtelt schon seit vielen Jahren. Auch im Ehrenamt. Seit 2005 ist sie Vorsitzende der Gartenfreunde Sillenbuch, seit 2011 zudem Vorsitzende des Bezirksverbands der Gartenfreunde Stuttgart, in dem sich rund 40 lokale Vereine zusammengeschlossen haben. Aus Erfahrung weiß sie, wie gefragt Schrebergärten in der Landeshauptstadt sind. So einen Ansturm wie seit Beginn der Coronapandemie hat sie allerdings noch nie erlebt. Die Leute rennen den Vereinen buchstäblich die Bude beziehungsweise die Parzellen ein. „Wir verzeichnen eine Flut von Anfragen“, sagt die 53-Jährige. Vor allem junge Familien seien auf der Suche nach einem Stückchen Grün, das sie bewirtschaften können. Im vergangenen Frühjahr sei der Andrang so groß gewesen, dass etliche Vereine ihre Wartelisten geschlossen hätten, um keine falsche Erwartungen zu wecken.

 

Prinzipiell gibt es in Stuttgart drei Wege, um an einen Kleingarten zu kommen: erstens von Privat und damit auch über die Obst- und Gartenbauvereine, zweitens über das städtische Liegenschaftsamt, das rund 4200 Parzellen verwaltet und drittens über den Bezirksverband der Gartenfreunde Stuttgart. Er betreut in Stuttgart rund 3000 städtische Parzellen in der Gesamtgröße von rund 120 Fußballfeldern und 700 weitere in Ludwigsburg. Auch in Schwieberdingen und Höfingen sind die Stuttgarter Gartenfreunde aktiv.

Im Rathaus sind derzeit 2580 Interessenten vorgemerkt

In normalen Jahren verzeichnet der Verband nach Auskunft seiner Vorsitzenden etwa 300 bis 400 Pächterwechsel, die jeweils im November/Dezember stattfinden. Doch die Zeit der normalen Jahre ist erst mal vorbei. 2020 war auch für die Kleingartenfreunde ein außergewöhnliches Jahr. In ihrem eigenen Verein, bei den Sillenbucher Gartenfreunden, der 160 Parzellen verwaltet, habe im vergangenen Jahr nur ein einziger Wechsel stattgefunden, sagt Sabine Metzger. In dieser Zeit will jeder, der kann, sein „Stückle“ behalten. Trotzdem hat sich der Bezirksverband zum Ziel gesetzt, Interessenten innerhalb von zwölf Monaten einen Garten vorstellen zu können. Das klingt hoffnungsvoller als die Auskunft der Stadt Stuttgart. Dort heißt es: „Die Nachfrage nach einem eigenen Garten ist groß. Derzeit sind rund 2580 Interessenten vorgemerkt. Allein in den ersten zwei Monaten 2021 gab es 500 Neuanmeldungen. Dadurch beträgt die Wartezeit mindestens zehn Jahre.“

Sabine Metzger hat im Bezirksverband die Erfahrung gemacht, dass sich längst nicht alle Bewerber gärtnerisch betätigen wollen. „Manche suchen einfach nur ein Stückchen Grün, eine Spielfläche für ihre Kinder oder einen Wolhfühlort, um Freunde zu treffen.“ Oder sie wollen Hühner halten. Damit sind sie bei den Kleingärtnern allerdings an der falschen Adresse – „so verständlich diese Wünsche auch sind“, wie Sabine Metzger betont. „Wir suchen bewusst Schrebergärtner aus“, sagt sie. Auch davon gibt es viele, denn seit Längerem beobachtet Sabine Metzger einen Trend zum Selber-Anbauen und zum urbanen Gärtnern. Für sie ist klar: „Wir passen in die Zeit.“

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