In Italien wird eine Variante des Aperitifs angeboten, die mehr und mehr Anhänger auch unter den Touristen findet und den Bars und Cafés Gäste ins Haus spült. Was ist da dran?

Der Aperitif ist für viele Italiener die Gelegenheit, sich mit Arbeitskollegen und Freunden am frühen Abend zum Plausch zu treffen. Bei einem Aperol oder Campari Spritz lässt es sich entspannt über Gott und die Welt parlieren. Immer häufiger werden zu einem solchen Aperitif nicht nur kleine Leckereien, sondern fast schon ganze Abendessen gereicht. Das heißt dann Apericena.

 

Wer in Deutschland einen Aperitif bestellt, bekommt meist ein paar Chips oder Cracker dazugestellt – wenn überhaupt. In Italien bieten die Wirte dagegen zunehmend eine Variante an, die mehr und mehr Anhänger auch unter den Touristen findet und den Bars und Cafés Gäste ins Haus spült. Angesichts des oft üppigen Angebots an Speisen, die dazu gereicht werden, verzichten viele Gäste dann gleich auf das Abendessen.

Die Wurzeln des Apericena liegen in Turin

Apericena wird teilweise schon ab 17 Uhr angeboten, in der Regel aber ab 18 Uhr und oft bis 22 Uhr. Das Wort setzt sich aus den Begriffen Apéritif und cena (italienisch: Abendessen) zusammen und war ursprünglich vor allem für junge Leute eine ideale Alternative zu den teureren Abendessen im Restaurant. Oft treffen sich auch Kollegen nach der Arbeit zum Apericena.

Das Konzept besteht darin, einen Cocktail oder irgendein anderes Getränk zu bestellen. Das Essen gibt es dann praktisch „gratis“ dazu. Für alles zusammen zahlt man selbst in Großstädten dann meist zwischen acht und maximal 15 Euro.

Wie der Aperitivo hat auch das Apericena seine Wurzeln in Turin. Antonio Benedetto Carpano, Erfinder des Wermuts, gilt als „Urvater“ des Aperitifs, der die Geschmacksknospen öffnen soll. Deshalb werden dazu traditionell kleine Häppchen gereicht, die Appetit auf das spätere Abendessen machen sollen. Vor etwa 20 Jahren fand der klassische Aperitivo seine Erweiterung. In Turin boten die ersten Lokale etwas reichhaltigere Snacks dazu an. Das neuartige Abendessen war geboren. Aus der Industriestadt am Po verbreitete sich die Idee sehr schnell. Vor allem in Mailand fand das kleine Abendessen schnell Anhänger. Schließlich ist Mailand ebenfalls ein traditionelles Aperitif-Zentrum. Hier wurde der Campari erfunden und die Bar Camparino am Eingang der Galleria Vittorio Emanuele, die noch heute in Betrieb ist und dem Campari-Konzern als Schaufenster dient, ist die klassische Aperitif-Bar.

Zum Drink gibt es ein riesiges Buffet

Im Mailänder Studentenlokal Bar Magenta am Corso Magenta kostet das Apericena neun Euro. Zum Drink gibt es ein riesiges Buffet mit Pasta, Salaten, Risotto, Panini, Fleischbällchen, Gemüse, Bruschette oder auch süße Sachen. Die laute Musik und das Gewusel gefallen aber nicht allen Gästen – ebenso wenig wie die Warteschlange, die sich vor dem Lokal bildet. Kulinarische Klassiker der Geschäftsmetropole sind die Bhangra Bar und das Desio, das Farini und das Al tempo d`Oro sowie der szenige Santeria Social Club. Wer sich unschlüssig ist, findet im Internet unzählige Listen mit Apericena-Angeboten.

Im Caffè Balilla in Genua zahlt man 16 Euro, und es geht deutlich ruhiger zu. Das am Platz servierte Essen erinnert an ein richtiges Abendessen: Frittiertes Gemüse und etwas Rohkost, dann eine Focaccia, eine Pasta, eine Pizza und zum Abschluss ein Dolce (Dessert). Ein paar Hundert Meter weiter, im Caffè del teatro, werden zwölf Euro für eine umfangreiche Antipasti-Platte sowie anschließend Gnocchi mit Pesto fällig.

In Paris und Wien haben erste Lokale dieser Art eröffnet

Jede italienische Stadt hat ihre eigenen Treffpunkte für das Apericena und jede Bar hat ihr eigenes Angebot. Nicht alles ist gut. Häufig gibt es vor allem sättigende und frittierte Häppchen. Aber einige Lokale legen sich richtig ins Zeug und bieten auch ungewöhnliche Speisen an oder setzen regionale und saisonale Schwerpunkte und servieren exotischere Speisen wie Sushi oder Sashimi. Manche Bars betten das Ganze in Musik- oder Themenabende ein. Längst sind es nicht mehr nur junge Leute, die das neuartige Abendessen für sich entdeckt haben. Apericena ist inzwischen quer durch alle Altersklassen sehr beliebt. Für die Gastronomen scheint es sich zu lohnen, gemessen am immer umfangreicheren Angebot. Der eine oder andere Kunde bestellt gern noch ein weiteres Getränk dazu, und die Lohnkosten für das Personal sind niedrig.

Erst ganz allmählich setzt sich das Apericena auch in anderen Ländern durch, wobei Deutschland eher zu den Nachzüglern zählt – vermutlich auch deshalb, weil die Kosten höher sind und es keine wirkliche Apéritif-Kultur gibt. In Paris und Wien sind erste Lokale dieser Art eröffnet worden.

Doch wer dem modernen Abendsnack nichts abgewinnen kann, der muss sich keine Sorgen machen. Es gibt noch immer genug klassische Restaurants mit sehr attraktiven Essensangeboten in Italien.

Italien – Land des Genusses

Getränke
 Italien ist das Land des guten Essens und der Aperitifs. Neben Wermut hat das Land auch klassische Aperitife wie Campari, Aperol, Cynar, Averna oder Schaumweine wie Prosecco und Franciacorta im Angebot. Daraus lassen sich diverse Cocktails mixen. Zu den bekanntesten Cocktails des Landes gehören Campari und Aperol Spritz, Negroni, Negroni Sbagliato, Americano, Martini Dry oder Bellini.

Export
 Italien gehört zu den weltweit größten Exporteuren von landwirtschaftlichen Produkten und Lebensmitteln. Die Ausfuhren stiegen 2022 um 18,5 Prozent auf 48,9 Milliarden Euro. Wichtigste Abnehmer waren Deutschland und – an zweiter Stelle – die USA.

Angebot
Die Angebotspalette reicht – abgesehen von Spirituosen und Wein – über Käsesorten wie Parmesan, Ricotta, Mozzarella und Gorgonzola, Wurstwaren wie Salami, Mortadella und Schinken, Pasta, Reis, Süßwaren, Obst und Gemüse bis zu Fruchtsaft, Mineralwasser und Kaffee.