Es war der wichtigste Auftritt seines China-Besuchs. Der ehemalige DDR-Bürger Gauck hebt hervor, welche Konsequenzen Deutschland aus zwei Diktaturen gezogen hat. Er kritisiert den Kommunismus in der DDR und damit indirekt das China von heute.

Shanghai - Bundespräsident Joachim Gauck hat bei seinem Staatsbesuch im kommunistisch regierten China mehr Rechtsstaatlichkeit und Demokratie angemahnt. Vor Studenten in Shanghai sprach er am Mittwoch auch Defizite in der chinesischen Politik und Gesellschaft an. Die universellen Menschenrechte seien keine westliche Erfindung, betonte Gauck.

 

Individuelle Freiheitsrechte könnten nicht dauerhaft durch materielle Güter oder sozialen Status ersetzt werden. „Das menschliche Verlangen nach Freiheit bricht sich immer wieder Bahn.“ Die Macht dürfe sich niemals über das Recht stellen.

Gaucks Rede, die zentrale Botschaft seines fünftägigen Staatsbesuchs, fand in der renommierten Tongji-Universität statt. Gauck bedankte sich für die Anteilnahme nach den Terroranschlägen von Brüssel. „Ich finde es zu Herzen gehend, dass Sie mit uns Europäern die Gefühle teilen.“

Deutlich formulierte Gauck Kritik am Maoismus und dem in China immer noch verehrten Mao Tsetung - unmittelbar vor der Universität grüßte eine überlebensgroße Mao-Statue. Er erinnerte an „maoistische Massenkampagnen in den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, an Hunger und Verzweiflung, an die verheerende Kulturrevolution“.

Auch aktuelle Entwicklungen in China machten Sorgen, sagte Gauck. Als ein Beispiel nannte er Umweltprobleme. „Die langfristigen Ziele des Umweltschutzes müssen bisweilen gegen starke Interessen durchgesetzt werden.“ Dabei sei das Engagement der Bürger besonders wichtig.

Gauck führt das Scheitern des Sozialismus in der DDR an

Manche Nachrichten aus Chinas Zivilgesellschaft seien beunruhigend, sagte Gauck. Er bezog sich, ohne konkret zu werden, auch auf das Vorgehen der chinesischen Regierung gegen Bürgerrechtsanwälte und Menschenrechtler. Gauck berichtete, dass er sich gegenüber der chinesischen Führung für verfolgte Anwälte und Journalisten eingesetzt habe. Konkret angesprochen habe er auch den Fall der Journalistin und Deutsche Welle-Mitarbeiterin Gao Yu, der die Ausreise verweigert wird.

Immer wieder führte der Bundespräsident die deutsche Geschichte und das Scheitern des Sozialismus in der DDR an. Deutschland habe sich erst nach der Katastrophe des Nationalsozialismus und der Niederlage im Zweiten Weltkrieg und zunächst nur im Westen für die Prinzipien der bürgerlichen Freiheit geöffnet: „Unveräußerliche Menschenrechte und Herrschaft des Rechts, Gewaltenteilung, repräsentative Demokratie und Volkssouveränität.“

Seine eigene Erfahrung mit der kommunistischen Herrschaft in der DDR beschrieb Gauck ausführlich: „Es war ein Staat, der (...) sein eigenes Volk entmündigte, einsperrte und jene demütigte, die sich dem Willen der Führung widersetzen.“

Nach einem Gespräch mit Wirtschaftsexperten und dem Besuch des jüdischen Flüchtlingsmuseums in Shanghai reiste Gauck am Nachmittag in die alte Kaiserstadt Xi’an weiter. Dort stehen Begegnungen mit Christen und Muslimen auf dem Programm. Es ist die dritte und letzte Station seines Besuchs. Am Donnerstagabend fliegt er nach Berlin zurück.