Kunst im öffentlichen Raum: der Gedenkstein für Elly Heuss-Knapp im Eichenhain. Die Frau des ersten deutschen Bundespräsidenten Theodor Heuss gilt als Pionierin pfiffiger Werbung.

Riedenberg - Mitten im Riedenberger Eichenhain steht zwischen so streng geschützten wie sorgsam gepflegten Magerwiesen und den uralten Baumriesen ein einziges, befremdlich klobiges, aber doch eher kleines Denkmal aus betonfarbenem Muschelkalk. Es ist der Gedenkstein für Elly Heuss-Knapp, die Frau des ersten deutschen Bundespräsidenten Theodor Heuss. Sie war eine liberale Politikerin, Vorkämpferin der Frauenemanzipation, eine Sozialreformerin nicht nur durch ihre Gründung des Müttergenesungswerks. Und die studierte Volkswirtschaftlerin war – mit der Erfindung des Jingles – eine Pionierin pfiffiger Werbung.

 

Einweihung des Denkmals am 26. März 1955

Sie muss eine patente Frau gewesen sein und eine gleichermaßen hoch geschätzte, aber allem eitlen Glanz ganz abholde First Lady neben ihrem Mann, dem liberal-gebildeten, schwäbisch knitzen und volksnahen Staatsoberhaupt aus Brackenheim am Stromberg. Als sie im Jahr 1952 in Bonn an ihrem Herzleiden starb, mit ihren 71 nicht mehr jung, aber noch keinesfalls in greisem Ruhestands-Alter, da war das wohl ein Schock für die junge Republik, der Verlust schmerzlich und die Trauer nicht nur in den schwäbischen Stammlanden echt und tief. An der Degerlocher Löwenstraße hatte das Paar nach dem Kriegsende bis zur Präsidentenwahl gewohnt. Straßen wurden nach ihr benannt, auch Schulen tragen bis heute ihren Namen. Nach dem Tod von Elly Heuss-Knapp stiftete der schwäbische Kommerzienrat und vormals mächtige rheinische Montan-Manager Paul Reusch ein Denkmal zu ihren Ehren, mit dessen Entwurf die Künstlerin Lore Dörr-Nießner beauftragt wurde. Gefertigt hat es der Bildhauer Willy Schönfeld. Am 26. März 1955 wurde das Sillenbucher Denkmal für Elly Heuss-Knapp eingeweiht.

Es zeigt ein medaillonartig eingelassenes Relief mit dem Profil von Elly-Heuss-Knapp. Unten sind der Name und die Lebensdaten eingemeißelt. Dazwischen steht ein poetischer Text von ihr in versetzten Versalien-Zeilen, den sie wohl vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs verfasst hatte und – als Präsidenten-Gattin – 1950 zur Eröffnung der Deutschen Gartenschau in Stuttgart vortrug: „Weisse Margriten / wenn ihr wie fromme Kinder / steht im Felde / Lasst uns um Ernte und um / Frieden bitten“.

Erfinderin des Jingles

Gewiss war Elly Heuss-Knapp keine auffallende Schönheit. Das Denkmal strahlt aber in seiner Mischung aus schmucklos neuer Sachlichkeit und dem abweisend gravitätischen Ernst der ein Jahrzehnt zuvor zerstobenen Nazi-Diktatur eine – für heutige Wahrnehmung – geradezu eine leblose Tristesse aus. Daran ändert auch die steinerne Bank nichts, die man davor aufgestellt hat: glücklose, wenig einladende Kunst, kein Ort zum Verweilen. Elly Heuss-Knapp brachte ihren – trotz seiner Zustimmung zu Hitlers Ermächtigungsgesetz 1933 – mit Berufsverbot belegten Mann, einen Ökonomen wie sie, Journalisten, Publizisten und liberalen Politiker, durch die Nazizeit, und den Sohn dazu.

Die Wohnungen der Heussens waren Treffpunkte vieler liberaler Regime-Gegner in „innerer Emigration“. Getraut worden war das Paar übrigens von Albert Schweitzer, dem Pfarrer, Musiker, Arzt, späteren Entwicklungshelfer und Friedensnobelpreisträger aus ihrer elsässischen Heimat, ein Freund der Straßburger Gelehrtenfamilie Knapp. Die bis dahin aus dem Ablesen von Annoncen bestehende Rundfunk-, später auch Fernsehwerbung revolutionierte Elly Heuss-Knapp geradezu. Sie erfand die Erkennungstöne für Marken wie Persil, Nivea, Erdal oder Kaffee Hag, die heutigen Jingles – und ließ sich die Idee patentieren.

Elly Heuss-Knapp liegt an der Seite ihres Mannes auf dem Degerlocher Waldfriedhof begraben. Das Müttergenesungswerk trägt längst auch ihren Namen, die Elly-Heuss-Knapp-Stiftung.