Wer nachts bei der Echterdinger Bank Geld abheben will, der hat Pech gehabt. Seit dem 1. März „bleibt unser SB-Bereich in der Zeit von 24 bis 5 Uhr geschlossen und alarmgesichert“, ist auf einem Aushang zu lesen. Was aufhorchen lässt: „aus Sicherheitsgründen“, steht da, „um Sprengversuchen vorzubeugen“. Man komme damit einer Empfehlung des Landeskriminalamts (LKA) nach.
Zwischen dem LKA Baden-Württemberg und Vertretern der Kreditwirtschaft fänden regelmäßig gemeinsame Besprechungen statt, mit dem Ziel, die Sicherheit von Geldautomaten und deren Standorten zu erhöhen, teilte LKA-Sprecherin Nadine Hell mit. „In diesem Rahmen werden insbesondere auch sicherungstechnische Maßnahmen erörtert, die in Betracht kommen und als zielführend erachtet werden.“ Neben der nächtlichen Schließung der Selbstbedienungs-Foyers gehört dazu auch der Einsatz von Videoüberwachung, Nebelsystemen und Techniken, die Geldscheine einfärben und sie unbrauchbar machen.
Zig Vorfälle auf den Fildern
Bei der Schließung des Vorraums der Echterdinger Bank handelt es sich um eine Vorsichtsmaßnahme. Sprengversuche gab es dort nicht. Das bestätigt Vorstand Dietmar Schmid. Grund zur Vorsicht gibt es aus Schmids Sicht aber allemal, das zeigten Vorfälle in der Region. „Die Commerzbank in Echterdingen ist total zerstört worden“, sagt der Bank-Vorstand und bezieht sich damit auf einen Vorfall im Januar 2020, als ein lauter Knall Anwohner kurz nach 2 Uhr aus dem Schlaf riss, weil ein Geldautomat aus der Wand gesprengt wurde.
Im November 2022 schlugen Automatenknacker ebenfalls gegen 2 Uhr in Neuhausen zu, im Dezember 2023 explodierte gegen 3.30 Uhr ein Automat in der Musberger Straße in Leinfelden, in Filderstadt-Plattenhardt blieb es einige Monate vorher gegen 2.30 Uhr beim Sprengversuch. Nachts, das zeigten diese Vorfälle, ließen sich Sprengungen am besten bewerkstelligen, weil am wenigsten los sei, so Schmid. Die Echterdinger Bank bleibt geschlossen, „solange die Situation so ist“, sagt der Vorstand.
Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen setzt auf Einfärbetechnik
Und wie machen es andere? – Auch bei der Volksbank Stuttgart, deren Filialen nicht nur in der Landeshauptstadt, sondern auch im Rems-Murr-Kreis, dem Kreis Ludwigsburg und in Leinfelden-Echterdingen zu finden sind, beschäftigt man sich mit solchen Anschlägen. Der Zugang zu Geldautomaten sei derzeit aber nur im Rems-Murr-Kreis eingeschränkt, sagt Sprecher Robert Hägelen. Das liege dran, dass man dort mit der Kreissparkasse Waiblingen kooperiere, bei der andere Sicherheitsvorkehrungen gälten. Aber auch an anderen Standorten würden Maßnahmen gegen Automatensprenger getroffen. Welche das im Detail sind, will man nicht sagen – um Verbrechern keine Vorteile zu verschaffen. Dass es irgendwann auch in Stuttgart und um Kreis Esslingen zu nächtlichen Schließungen kommt, kann Hägelen nicht ausschließen.
Bei der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen will man Automatenbomber mit der ebenfalls vom LKA empfohlenen Einfärbetechnik schon vom Versuch abhalten. „Die Filiale in Altenriet wird die erste sein, die mit dieser Technik ausgestattet wird, dann werden sukzessiv alle Automaten ausgetauscht“, sagt Sprecher Ulrich Unger. Bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), zu der die Baden-Württembergische Bank (BW-Bank) gehört, gibt es Nachtschließungen zurzeit nur an gemeinschaftlich genutzten Orten, wie etwa in Einkaufszentren. Vor allem Richtung Stuttgarter Innenstadt werde aber derzeit geprüft, ob Schließungen einzelner Standorte notwendig seien, so LBBW-Sprecher Bernd Wagner. Die nächtliche Schließung von Geldautomaten sei „immer Abwägungssache“. Auf der einen Seite gehe es um den Schutz der Anwohner, auf der anderen Seite würde der Service für Kunden eingeschränkt. Auch ein Sprecher der Deutschen Bank erwähnt diese Abwägung. Präventionsmaßnahmen gehe stets eine Risikoanalyse voraus. Seitens der Commerzbank heißt es, die SB-Zonen seien „an einigen Standorten“ nachts geschlossen. Die Zeiten seien standortabhängig.
Nächtliche Schließung „immer Abwägungssache“
Und was machen die Kunden der Echterdinger Bank jetzt? In der Vergangenheit sei zwar beobachtet worden, dass auch nachts Geld abgehoben worden sei, Beschwerden von Kunden über die neuen Öffnungszeiten des Selbstbedienungsbereichs haben es bislang aber nicht gegeben, so Schmid. Und falls doch mal wer nachts Geld brauche, seien Automaten der Volks- und der BW-Bank keine 100 Meter entfernt.
LKA jagte selbst Automaten in die Luft
Testsprengungen
In einem Steinbruch im Südwesten jagte das LKA im vergangenen Jahr selbst ausrangierte Geldautomaten in die Luft. Dabei sollten einerseits neue Erkenntnisse gewonnen, andererseits Gefahrenpotenziale aufgezeigt werden.
Verfärbungstechnik
Bei den Sprengversuchen sollte unter anderem gezeigt werden, wie Farbpatronen in den Geräten die Scheine einfärben können, sodass man sie als Beute erkennen kann.
Druck- und Splitterverhalten
Darüber hinaus wurde das Druck- und Splitterverhalten bei Sprengungen untersucht. Das ist deshalb relevant, weil sich die konkreten Gefahren für unbeteiligte Personen auch auf das Strafmaß für Täter auswirken. Wegen der Skrupellosigkeit und Gemeingefährlichkeit bei der Ausführung der Tat kann bei Gefährdung von Personen auch die Prüfung eines versuchten Tötungsdeliktes in Betracht kommen. Auch aus diesem Grund war die Staatsanwaltschaft Bamberg beim Sprengversuch vor Ort.
Ermittlungen
Seit mehr als einem Jahr ermitteln die Staatsanwaltschaft Bamberg, das Bayerische Landeskriminalamt und das LKA Baden-Württemberg unter anderem gegen eine Gruppe von Geldautomatensprengern, denen mehr als 100 Straftaten zugeordnet werden können.