Der Kirchheimer Gemeinderat hat die teilweise Bebauung der Klosterwiese in die Wege geleitete. Der Entscheidung war eine heftige Diskussion über die Größe der hier für die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen vorgesehenen Gebäude vorausgegangen.

Kirchheim - Auf der Klosterwiese, einem innenstadtnahen Grünzug in Kirchheim, werden bis zum Ende des kommenden Jahres vier große Wohnhäuser stehen. 136 Menschen sollen dort eine Bleibe finden. Der Gemeinderat hat einer entsprechenden Vorlage der Stadtverwaltung mehrheitlich zugestimmt.

 

Mit der Grundsatzentscheidung, eine bisher sorgsam gehegte Freifläche zumindest teilweise aufzugeben, hat sich die Ratsrunde schwer getan. Dem Druck, für anerkannte Flüchtlinge in der Stadt ein dauerhaftes Dach über dem Kopf schaffen zu müssen, haben sich die Akteure letztlich nicht entziehen können. Die Frage nach dem Wie hat dann jedoch zu einem heftigen Schlagabtausch zwischen den Fraktionen der Freien Wähler und der SPD auf der einen und der von den Grünen, der CDU, der Frauenliste und der Christlichen Initiative gestützten Verwaltung auf der anderen Seite geführt.

Der Schulterschluss ist brüchig geworden

Unterm Strich haben die Zuhörer nach der zweistündigen Debatte zwei Erkenntnisse mit nach Hause genommen. Der Schulterschluss in der Flüchtlingsfrage, den Verwaltung und Gemeinderat vor Monatsfrist in öffentlicher Sitzung in der Stadthalle so beeindruckend zur Schau gestellt haben, ist brüchig geworden. Die große Leitlinie, wonach Kirchheim bis Ende des kommenden Jahres knapp 700 anerkannte Flüchtlinge nicht nur unterbringen, sondern auch als Neubürger willkommen heißen will, droht zwischen den Wahlkampfinteressen einerseits und den Stadtteilbefindlichkeiten andererseits zerrieben zu werden.

Nach dem Höhenflug bestimmen nun die Mühen der Ebene die kommunale Tagesordnung. Zu hoch, zu viel, zu verdichtet, in Zeiten der globalen Erwärmung dem Stadtklima abträglich und gerade hier fehl am Platze – das sind die Botschaften, die von den Anwohnern an nahezu allen ins Auge gefassten Standorten in den Gemeinderat getragen werden. Dort sind sie zumindest bei der SPD und bei den Freien Wählern auf offene Ohren gestoßen.

Gefahr der Überforderung beschworen

„Wir sind für kleinere Einheiten, um die Bürger nicht zu überfordern“, gab Andreas Kenner im Namen der Sozialdemokraten zu Protokoll. Rund ein Drittel der 15 000 Quadratmeter großen Wiese zu bebauen, sei nicht verhältnismäßig. Angesichts der Freifläche hinter den Häusern könne man auf den großen Hof zwischen den Gebäuden getrost verzichten. Wenn sich die Bewohner nicht abschotteten, sondern auf der öffentlichen Wiese tummelten, dann diene das ja auch der Integration. Auch plädierte die SPD dafür, zuerst nur zwei Gebäude für die Anschlussunterbringung vorzusehen. In den beiden anderen sollten, falls der Bedarf vorhanden sei, sozial schwache Familien aus Kirchheim unterkommen.

Den Freien Wähler waren vier Gebäude ohnehin zu viel. Deren Sprecher, Christoph Miller, wollte die Zahl der dort unterzubringenden Menschen auf 100 begrenzt haben. Das, so Miller, sei eine gerade noch verträgliche Obergrenze.

Die Kirchheimer Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker erteilte beiden Anliegen eine Absage. Die Stadt müsse handeln, wenn sie bis zum Ende des kommenden Jahres die prognostizierten 680 anerkannten Flüchtlinge nicht der Obdachlosigkeit preisgeben wolle. „Wenn wir überall abspecken, dann erreichen wir dieses Ziel nie“, gab sie zu bedenken. Auch bringe es nichts, soziale schwache Familien gegen Flüchtlinge auszuspielen. „Den Wohnraum brauchen wir sowieso, und wir brauchen ihn schnell“, so die Ratschefin.

Weil es die Mehrheit des Gemeinderats genauso gesehen hat, kann die Verwaltung nun daran gehen, einen Bebauungsplan für das Gelände aufzustellen. In der Beratungsrunde im September müssten dann die rechtlichen Weichen so weit gestellt werden, dass die Bagger anrücken können.