Der Smart hat im vergangen Jahr das Absatzziel deutlich übertroffen, berichtet Smart-Chefin Annette Winkler in einem Gespräch auf dem Genfer Autosalon.

Stuttgart - Annette Winkler hat keinen einfachen Job. Seit September 2010 ist die promovierte Betriebswirtin Smart-Chefin und damit für eine Automarke verantwortlich, die nur das Modell Smart Fortwo hat, das zudem in die Jahre gekommen ist. Die aktuelle Generation des Zweisitzers ist schon seit 2007 auf dem Markt. Bis zum nächsten Modellwechsel ist es jedoch noch zwei Jahre hin. Dann will Daimler die Kleinwagenmarke aus den roten Zahlen bringen, indem Smart beim neuen Zweisitzer und einem zusätzlichen Viersitzer gemeinsame Sache mit Renault macht.

 

Seit Annette Winkler die Kleinwagenmarke steuert, hat Smart auf den großen Automessen etliche Studien gezeigt, die in dieser Form wohl nie in Serie gehen dürften. So wurde etwa auf der IAA in Frankfurt im vergangenen Jahr die gemeinsam mit dem Chemiekonzern BASF entwickelten Smart Forvision präsentiert, der Solarzellen im Dach hat, Felgen aus glasfaserverstärktem Kunststoff und Sitzbezüge aus leitenden Materialien, die als Heizung dienen. Auf der Messe in Detroit hat Smart kürzlich einen Pick-up mit Elektroantrieb gezeigt.

Spektakuläre Studien verstauben im Depot

Autohersteller lenken bisweilen gerne davon ab, dass sie nichts Neues zu bieten haben, indem sie auf Messen spektakuläre Studien zeigen, die anschließend irgendwo in einem Depot verstauben. Doch Annette Winkler widerspricht energisch, als sie gefragt wird, ob diese Wagen die Rolle des Pausenclowns spielen, der das Publikum bei Laune halten soll, bis die nächste große Nummer kommt. „Bestimmte Elemente dieser Studien werden beim neuen Smart in Serie gehen“, sagt Winkler. Zudem wolle man damit „Echos bei den Messebesuchern einholen“, welche Varianten gefragt sein könnten. So sei die Resonanz auf die in Detroit gezeigte Studie sagenhaft gewesen. Zugleich stellt die Smart-Chefin jedoch klar, dass eine Entscheidung über eine eventuelle Serienproduktion auf absehbare Zeit kein Thema sei. Zunächst müsse man „die Hausaufgaben machen“ und sich auf den nächsten Zweisitzer und den Viersitzer konzentrieren.

In Genf wird eine Smart-Studie gezeigt, die allerdings nichts mit der Daimler-Tochter zu tun hat. Das Schweizer Unternehmen Rinspeed, das auf dem Autosalon stets mit ungewöhnlichen Vehikeln auf sich aufmerksam macht, präsentiert auf seinem Stand den Smart mit „rollendem Rucksack“, einem Anhänger, der es in sich hat. Denn darin kann beispielsweise eine Batterie untergebracht werden, mit dem die Reichweite des Elektromobils verlängert wird oder ein Verbrennungsmotor, mit dem der Smart zum Hybridauto wird. Nützlich könnte der Anhänger nach den Vorstellungen von Rinspeed jedoch auch für Pizzaboten oder Handwerker sein. Freizeitsportler könnten darin ihre Camping-, Ski- oder Golfausrüstung unterbringen.

Smart-Chefin Winkler findet diesen Hingucker von Rinspeed „eine tolle Idee“, wie sie sagt. Doch der Dreiachser dürfte wohl kaum bei der Daimler-Tochter in die Serienproduktion gehen, auch wenn Rinspeed-Chef Frank Rinderknecht ohne Namen zu nennen davon spricht, dass es bereits seit einiger Zeit Gespräche über eine Serienproduktion mit potenziellen Herstellern gebe.

Der Absatz hat 2011 deutlich angezogen

Obwohl der aktuelle Smart nicht mehr taufrisch ist, hat der Absatz im vergangenen Jahr deutlich auf rund 102 000 Wagen angezogen. Vor einem Jahr galt als Absatzziel noch die Formel 90 000 plus. Zu diesem unerwartet guten Ergebnis hat beigetragen, dass immer mehr Chinesen den Zweisitzer lieben. 2010 wurden dort rund 3900 Autos verkauft, im vergangenen Jahr 11 000 und allein im ersten Quartal des laufenden Jahres sollen es voraussichtlich soviel sein wie im ganzen Jahr 2010.

Das ist ungewöhnlich, weil der Smart mit seiner Preisklasse als Luxusgefährt gilt, und die vermögenden Chinesen gerne ihren Reichtum zeigen, indem sie sich von einem Chauffeur in einem großen Wagen herumfahren lassen. Doch solch althergebrachtes Konsumverhalten sei etwa bei Architekten, Künstlern oder Designern nicht mehr en vogue, meint Winkler. In diesen Kreisen könne auch ein kleines Automobil schick sein.

In diesem Jahr sollen 100 000 Autos verkauft werden

Auch in diesem Jahr peilt die Smart-Chefin den Verkauf von insgesamt 100 000 Wagen an. Dazu soll auch der neue Elektro-Smart beitragen, von dem mindestens 10 000 Exemplare verkauft werden sollen. Zudem bringt die Kleinwagenmarke im April ein Elektrorad auf den Markt. Unklar ist noch, ob auch ein Elektroroller angeboten werden soll, über den schon seit längerem nachgedacht wird. Die Entscheidung soll in diesem Jahr fallen, sagt Winkler. Vom Erfolg des neuen Kleinwagens mit Elektroantrieb, der erstmals eine Batterie aus dem Gemeinschaftsunternehmen von Daimler und Evonik in Kamenz hat, ist sie überzeugt. „Wenn einer Marke E-Mobilität zugetraut wird, dann Smart“, meint Winkler. Dazu soll auch ein neues Vertriebsmodell beitragen, bei dem die teure Batterie nicht gekauft, sondern gemietet wird. Das Basisfahrzeug soll ohne Steuer weniger als 16 000 Euro kosten. Hinzu kommen netto unter 60 Euro monatlich für die Batterie. Die genauen Preise sind noch nicht veröffentlicht worden.

Zusätzlichen Schub soll dem Smart zudem der weitere Ausbau des Mietwagenprojekts Car2Go geben. Weil die Nachfrage unerwartet stark ist, hat Daimler vor kurzem erst angekündigt, dass das Carsharing-Angebot in Hamburg deutlich ausgeweitet werde.

Wer einen Wagen sucht, kann dort einen Smart mit einer Chipkarte spontan mieten und irgendwo im Stadtgebiet wieder abstellen. Im Internet wird angezeigt, wo Fahrzeuge frei sind. Die Zahl der Fahrzeuge soll nun von 300 auf 500 Zweisitzer aufgestockt werden. Mit bisher 10 000 Vermietungen pro Woche ist Hamburg der erfolgreichste Standort des Projekts, mit dem Daimler weltweit in das Geschäft mit der Autovermietung eingestiegen ist. Dieses Angebot gibt es bisher in neun Städten Europas und Nordamerikas mit insgesamt 3000 Autos. In diesem Jahr kommen die amerikanische Hauptstadt Washington und Stuttgart hinzu.