Die Gutachter der Allianz beziffern die Schäden wegen Erdhebungen auf 6,7 Millionen Euro. Damit wird die Furcht der Betroffenen vor Verlusten zur Gewissheit.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

Böblingen - Der Vorschlag liegt auf dem Tisch. „Wie befürchtet“ – so lässt sich der Landrat Roland Bernhard zitieren. Denn das Geld, das die Allianz zu zahlen gedenkt, wird nicht reichen, um die Häuser zu reparieren, die wegen Erdhebungen beschädigt sind. Immerhin „ist es gut, dass die Betroffenen wissen, dass es vorangeht“, meint Bernhard. Rund 200 Hauseigentümer in Böblingen sind insgesamt von fehlerhaften Erdwärmebohrungen geschädigt. Bisher gilt der Vorschlag der Versicherung nur für einen von zwei Teilen des Hebungsgebietes, den nördlichen.

 

Dort summieren sich die Reparaturkosten auf 6,7 Millionen Euro. So hat es das in Murr bei Ludwigsburg ansässige Gutachterbüro Philipps Ingenieure ermittelt. Mindestens fünf, höchstens sechs Millionen Euro will die Allianz zahlen. Die exakte Summe wird erst feststehen, wenn auch die Gutachten für das südliche Gebiet vorliegen. Dort ist die Erde bisher noch nicht zur Ruhe gekommen. Von der endgültigen Zahl sind noch Forderungen des Landratsamts und der Energieversorger abzurechnen. Auch Leitungs- und Straßenschäden sollen aus der Summe bezahlt werden.

Ende Juli sollen alle Hauseigentümer ein exakte Gutachten haben

Bisher ist das Gutachten „eine Schätzung, die wird nicht auf 100 000 Euro genau sein“, sagt der Allianz-Sprecher Christian Weishuber. In den nächsten Monaten sind Nacharbeiten nötig. Etwa ein Drittel der Häuser muss zusätzlich von Geologen oder Statikern untersucht werden. Spätestens Ende Juli sollen alle Eigentümer ein exaktes Gutachten über die Schäden an ihrem Haus samt einer Kalkulation für die Reparaturen in den Händen halten.

Vordergründig gibt die Arbeit der Sachverständigen Anlass zur Kritik. Dies allein schon, weil gemäß ihrem Urteil mehr als ein Drittel der Schäden eine andere Ursache haben als die Erdhebungen. „Es ist ein Gutachter der Allianz“, sagt Werner Schubert, einer der Geschäftsführer der Interessengemeinschaft Erdhebungen, „aber wir haben den Eindruck, dass er ordentlich arbeitet“. Zu den Auftraggebern des Büros Philipps zählen auch öffentliche Stellen, darunter Oberlandesgerichte und das Land Baden-Württemberg. Von letzterem erhoffen die Geschädigten sich einen Ausgleich für ihre zu erwartenden Verluste. Trotz Furcht vor weiteren Schadensfällen und Protesten wirbt Franz Untersteller, Landes-Umweltminister der Grünen, unverdrossen für die Erdwärme. „Wenn wir die endgültigen Zahlen haben, kann man über die Deckungslücke reden“, sagt Schubert.

Falls nur ein Betroffener ablehnt, müssen Gerichte entscheiden

In der Vergangenheit hatten auch Kreisräte immer wieder gefordert, die Landesregierung möge einen Hilfsfonds für die Betroffenen einrichten. „Wir werden erneut auf das Land Baden-Württemberg zugehen“, sagt Schubert. Dies womöglich gemeinsam mit dem Böblinger Landrat. Bernhard hatte immer wieder betont, dass seine Behörde den Geschädigten zur Seite stehen wolle. „Wir werden das weitere Vorgehen gemeinsam besprechen“, sagt er. Womöglich werden solche Treffen aber alsbald hinfällig. Falls nur ein Betroffener das Angebot der Allianz ablehnt, ist das gesamte Verfahren hinfällig und Gerichte müssen entscheiden. „Wir und auch die Allianz gehen davon aus, dass einige Geschädigte nicht einverstanden sind“, sagt Schubert.

Eine juristische Bewertung des Angebots der Versicherung war nicht zu bekommen und wird in näherer Zukunft schwer zu bekommen sein. Eberhard Haaf, der auf Geothermie-Schäden spezialisierte Rechtsanwalt der Interessengemeinschaft, ist für längere Zeit erkrankt. Sein Sohn Volker soll den Fall zumindest vorübergehend übernehmen. Für eine Stellungnahme war er nicht erreichbar.