Die Grünen seien schon immer für die Neubaustrecke gewesen, zitieren diverse Medien einen Regierungssprecher. Das stimmt nicht: Noch bei der S-21-Schlichtung 2010 hat Winfried Kretschmann als Sprachrohr der Projektgegner die Trasse öffentlich in Frage gestellt.

Stuttgart - Bahn-Chef Rüdiger Grube persönlich soll nach StZ-Informationen die Frau des grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann zur Übernahme der Patenschaft für den Albabstiegstunnel auf der Neubaustrecke Wendlingen– Ulm gedrängt haben. Während die Bahn sich geehrt fühlt, machen Projektgegner ihrem Ärger über die „Kehrtwende“ der bis dato als engagierte Projektgegnerin geltenden Gerlinde Kretschmann in Internetforen Luft. Noch im Sommer hatte die First Lady die Patenschaft für den zum Projekt Stuttgart 21 gehörenden Fildertunnel abgelehnt.

 

Zusätzliche Aufregung löst aus, dass ein Regierungssprecher am Mittwoch auf Medienanfragen erklärt hatte, es handele sich nicht um eine Kehrtwende – schließlich hätten die Grünen die Neubaustrecke schon immer unterstützt. Diese Behauptung steht im Widerspruch zu früheren Bekenntnissen des damaligen Oppositionspolitikers Winfried Kretschmann. Der hatte bei den S-21-Schlichtungsgesprächen 2010 unter Leitung von Heiner Geißler noch als Sprachrohr der Projektgegner just beim Thema Neubaustrecke fungiert. Im Protokoll der Sitzung vom 4. November 2010 ist Kretschmann folgendermaßen zitiert: „Wir haben die Neubaustrecke all die Jahre befürwortet. Wir stellen sie heute aus drei Gründen infrage: Erstens Kostensteigerungen, zweitens Nichttauglichkeit für den Güterverkehr, drittens fehlende Wirtschaftlichkeit, die sich daraus ergibt.“ Zudem halte er die Mitfinanzierung der Trasse durch das Land aus verfassungsrechtlichen Gründen „für nicht möglich“.

Auf Nachfrage hieß es im Staatsministerium, die Erklärung vom Mittwoch sei in einigen Medien verkürzt wiedergegeben worden. Die Grünen hätten immer „eine differenzierte Haltung“ zur ICE-Strecke eingenommen. Ein Sprecher verwies aber zugleich auf den Koalitionsvertrag, indem festgeschrieben sei, dass die grün-rote Landesregierung zur Neubaustrecke Wendlingen–Ulm stehe. Daran orientiert sich nun offenbar auch die Landesmutter.