Beim Bundesschwabenball greift die Konsulin der Republik Ungarn, Rita Chiovini, den Gerlinger Bürgermeister Georg Brenner wegen seiner Ablehnung eines Verdienstordens an. Der erhält nun Rückendeckung von Landesminister Peter Friedrich.

Eigentlich ist der Bundesschwabenball eine Kulturveranstaltung. Die Gäste kommen, um Traditionen zu pflegen, sich an Musik und Tänzen zu erfreuen. Doch am Samstag stand die Politik im Fokus. Die Konsulin der Republik Ungarn, Rita Chiovini, macht den Gerlinger Bürgermeister Georg Brenner persönlich für diplomatische Irritationen im deutsch-ungarischen Verhältnis verantwortlich: „War es Ihre Absicht, Herr Brenner, die Brücken, die Sie errichtet haben, abzubrechen?“ Er selbst habe doch die enge und lebendige Beziehung zwischen der deutschen und ungarischen Gesellschaft „unabhängig von der politischen Überzeugung geprägt“ und danach gelebt, „auf Basis der bestehenden Brücke neue Brücken zu errichten“, sagte sie. Die Art der Kommunikation der vergangenen Tage aber „ist der Beziehung Deutschland-Ungarn und seiner Menschen nicht würdig“.

 

Eigentlich hätte Brenner an diesem Abend den ungarischen Verdienstorden erhalten sollen. Doch er hatte die staatliche Auszeichnung im Vorfeld mit Verweis auf die Politik Ungarns abgelehnt. Auf internationaler Ebene sei der Familienrat gefragt, sagte er nun in seiner Begrüßung mit Blick auf die EU. „Viele Europäer warten auf klare Ansagen an Ungarn, die ja nicht unbedingt dazu führen müssen, dass man ihnen den Platz am gemeinsamen Tisch verwehrt.“ Die EU prüft die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens. Es bestehe der Verdacht, der ungarische Regierungschef schränke mittels zahlreicher Verfassungsänderungen zentrale Grundrechte ein.

Der Landesminister für Bundesrat, Europa und internationale Angelegenheiten, Peter Friedrich (SPD), wurde deutlicher: „Die Entwicklungen, die in Ungarn zu Tage treten, bereiten große Sorge. Es darf nicht kritiklos zugeschaut werden.“ Regierungsentscheidungen zu kritisieren, bedeute nicht, die Nation und ihren Patriotismus in Frage zu stellen. „Ungarn wird nicht gehasst“, stellte er klar. Aber „der Versuch einer Partei, sich die Verfassung auf den eigenen Leib zu schneidern, kann nicht hingenommen werden“. Es gelte darauf hinzuweisen, wenn sich autoritäre Strukturen entwickeln. „Ich hoffe auf eine klare Distanzierung aller Offiziellen von Antisemitismus und antidemokratischen Tendenzen.“

Chiovini geißelte die Vorverurteilung ihres Landes, noch ehe die EU ihre Untersuchung abgeschlossen habe. Zudem beklagte sie sich darüber, dass Brenner vor seiner Ablehnung weder das Konsulat noch den Tataer Bürgermeister kontaktiert habe: „Sie hätten uns Ihre Sorgen mitteilen können.“ Ungarn sei eine Demokratie, es lehne ebenfalls eine Diskriminierung der Minderheiten ab. Zum Beweis führe sie Gedenktage an, die von der Regierung eingeführt worden seien. Danach verließ sie grußlos den Saal, das Publikum applaudierte höflich. Brenner zollte der Konsulin zwar Respekt, habe sie doch als einzige am Abend den ungarischen Staat vertreten. Aber er fühlte sich auch bestätigt. „Wenn ich von einem Staat, der mit seinen Kritikern so umgeht, einen Orden angenommen hätte, hätte ich ein schlechtes Gefühl.“ Unverständlich sei ihm, dass ein Grußwort „zur regierungspolitischen Abrechnung“ genutzt werde. In den Argumenten darin habe er eine „vorgefertigte Rechtfertigung der Orban-Regierung“ erkannt, wie sie ihm auch aus einem Brief seines Tataers Amtskollegen József Michl geläufig ist. Michl ist wie der Regierungschef Victor Orban Mitglied der Fidesz-Partei. Er hatte ebenso abgesagt wie der ungarische Generalkonsul.

Ohne Begründung abgemeldet hat sich auch der Landesvorsitzende der Landsmannschaft der Deutschen aus Ungarn (LDU), Rudolf Fath. Die LDU wurde von ihrem Ehren-Bundesvorsitzenden Friedrich Zimmermann vertreten, der Verständnis für Brenner äußerte. Rückendeckung erhielt Brenner auch vom Bürgermeister aus Elek. „Wenn man seine Meinung sagt, ist das eine sehr würdevolle Sache“, sagte Laszlo Pluhar; er hatte hat die Elek-Tanzgruppe begleitet. In seiner Freude über gemeinsame europäische Werte lud er Brenner zum Weltfreundschaftstreffen der Eleker ein. Gerlingen, das seit 44 Jahren die Patenschaft für die LDU hat, hat bisher nur kulturelle Kontakte nach Elek.