Die Jazz Open Stuttgart beginnen mit der Verleihung der „German Jazz Trophy“: Der Gitarrist und Komponist Ralph Towner wird für sein Lebenswerk geehrt.

Stuttgart - Ausgleichende Gerechtigkeit. Als Eberhard Weber Ende Januar im Theaterhaus den Landesjazzpreis Baden-Württemberg für sein Lebenswerk erhielt, gehörte Ralph Towner ganz selbstverständlich zu den Gästen, die die beiden Abende musikalisch gestalten sollten. Damals musste er, bereits in Stuttgart angekommen, aus gesundheitlichen Gründen den Auftritt ganz kurzfristig absagen und verbrachte den Konzertabend nicht auf der Bühne, sondern im Krankenhausbett. Am Freitagabend wurde der gerade einmal 65-jährige Towner nun seinerseits in der Sparda-Welt für sein Lebenswerk geehrt, war bester Laune, erzählte von seinem neuen Herzschrittmacher und spielte solo passend „My foolish heart“.

 

Towner und Weber, wer denkt da nicht sofort an das Album „Solstice“ von 1975? Eines jener Handvoll Alben, die den so typischen „ECM“-Sound jener Jahre prägten. Der Staatssekretär Jürgen Walter traf in seiner sehr persönlich gehaltenen und kenntnisreichen Laudatio denn auch den Punkt, als er davon sprach, dass eine bestimmte Altersgruppe von Jazzhörern Towner wohl den „Soundtrack ihres Lebens“ verdanke. Seien es Alben wie „Solstice“, sei es „Sargasso Sea“, das Duo-Album mit John Abercrombie, sei es sein Gitarren-Intro auf „The Moors“, dem zweiten Album von Weather Report. Nicht zu reden von Oregon, jener Band, die sich sehr früh und sehr erfolgreich für die Fusion von Jazz, Klassik und diversen ethnischen Musiken interessierte.

Der anekdotenreiche Abend vergaß nicht Towners Auftritt beim legendären Woodstock-Festival, wo er in der Band von Tim Hardin spielte, und auch nicht die schöne Geschichte, dass ein NASA-Astronaut solch ein Towner-Fan war, dass eine Cassette mit dessen Musik zum Mond gelangte, wo nun zwei Mondkrater den Namen seiner Kompositionen tragen.

Nachdem Towner ein paar Stücke solo an der Sechs- und Zwölfsaitigen gespielt hatte – er nähert sich dem Instrument stets als Pianist – , bat er die Musiker seines aktuellen Trios auf die Bühne: Wolfgang Muthspiel an der E-Gitarre und den klassisch ausgebildeten Slava Grigoryan. Meisterlich interpretierten sie Eigen- wie Fremdkompositionen, darunter natürlich „Icarus“, aber auch „Nardis“ von Miles Davis, „Duende“ und „Travel Guide“ vom aktuellen Album.

Die Jazz-Open mit der Verleihung der „German Jazz Trophy“ zu eröffnen, ist eine begrüßenswerte Entscheidung der Veranstalter, weil so das Jazzprofil des Festivals entscheidend geschärft wird. Und wenn dann noch ein so unterhaltsames und lebendiges, ganz und gar gegenwärtiges und künstlerisch exquisites Konzert herumkommt wie am Freitagabend, um so besser.