Der Lebensmittelhändler Rewe will den Süßgehalt seiner Produkte senken. In Fellbach testen die Kunden Lebensmittel.

Rems-Murr: Simone Käser (sk)

Fellbach - Stefanie Hartmann muss nicht lange nachdenken. Nach dem Probierlöffel mit der um 40 Prozent zuckerreduzierten Puddingvariante kommt ihr der Geschmack der Originalrezeptur geradezu unangenehm süß vor. „Die 40 Prozent weniger Zucker reichen voll und ganz. Wenn man das Original im Vergleich dazu probiert, merkt man erst, wie stark der Unterschied ist“, sagt die Frau aus Bad Cannstatt, die oft in Fellbach einkauft.

 

Dort im Lebensmittelmarkt der Familie Aupperle an der Stuttgarter Straße fand am Freitagvormittag ein Vor-Ort-Kundentasting des hauseigenen Schokopuddings statt. Die große Frage an die Kundschaft: Wie süß muss das Rewe-Produkt sein, damit es zum Wunsch vieler Menschen nach gesünderen Lebensmitteln passt – und trotzdem noch schmeckt. „Ich bin stolz, dass wir für die Aktion ausgewählt wurden. Die Kampagne ist toll und bekommt viel Zuspruch seitens der Kundschaft“, sagt der Marktinhaber, Seniorchef Fritz Aupperle.

In vielen Produkten ist zu viel Zucker enthalten

Hintergrund der im ganzen Südwesten Deutschlands laufenden Aktion ist die längst bekannte Tatsache, dass viele so genannte Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Probleme oder auch Übergewicht zunehmen – nicht zuletzt, weil in vielen angebotenen Produkten zu viel Zucker enthalten ist. Oft ist die süße Last hinter anderen Bezeichnungen versteckt, mitunter ahnen Konsumenten nicht einmal, wie viel sie mit einer Portion aufnehmen. „Fakt ist, dass zu viel Zucker gegessen wird – das wollen wir bewusst machen“, sagt Markus Mauz, Vertriebschef der Rewe-Group für den Südwesten.

Ernährungsexpertin Anne-Carin Heit zeigt in Fellbach deshalb auf einem Präsentiertisch, wie viel Zucker in einzelnen Waren enthalten ist. Der Überraschungseffekt ist wohl auch bei ernährungsbewussten Kunden groß: So stecken zum Beispiel in einer Flasche Balsamico-Essig sage und schreibe 33 Stück Würfelzucker. In einer Flasche Wasser mit Aroma sind es gar 14 Stück und auch im Zwieback ist deutlich mehr enthalten als die maximal empfohlene Menge von acht Würfelzuckern am Tag. „Kinder erkranken fünfmal so oft wie früher an Diabetes. Zudem wirkt Zucker aufkratzend, danach kommt die Talfahrt. Das führt zu einem Teufelskreis“, sagt Beraterin Anne-Carin Heit.

Der Genuss darf nicht auf der Strecke bleiben

Während sie spricht, schlendert Manuela Haase an den Probierstand im hinteren Bereich des Ladens. Die Frau findet die Aktion gut und ihr Urteil steht schnell fest. „Der am stärksten zuckerreduzierte Pudding reicht mir vollkommen. Dagegen ist das Original krass süß“, sagt die Kundin, die in Fellbach arbeitet.

Die Meinung der Verbraucher ist für den Lebensmittelfachmann Fritz Aupperle ausschlaggebend. „Wir müssen schauen, was ankommt, und den Kunden Schritt für Schritt mitnehmen. Der Genuss darf aber nicht auf der Strecke bleiben.“ Die Kundschaft habe sich verändert. „Sie ist regionaler orientiert und will wissen, woher die Produkte kommen und was drin ist“, sagt Fritz Aupperle.

Vor rund zwei Wochen fiel der Startschuss für die Aktion. Noch bis 12. Februar können Interessierte die um 20-, 30- oder 40-Prozent zuckerreduzierten Pudding-varianten im Markt probieren und online abstimmen. Die bevorzugte Variante kommt dann in den Handel. Bis 2020 will der Vollsortimenter systematisch den Zuckergehalt vieler Eigenmarken senken. Auch der Salzgehalt der Produkte soll auf den Prüfstand kommen Allein 2018 werden bei Rewe etwa 100 zuckerreduzierte Produkte ins Sortiment eingeführt. „Auf die Industriewaren der Hersteller haben wir keinen Einfluss. Aber bei unseren Hausmarken können wir beim Zuckergehalt handeln“, sagt Vertriebschef Markus Mauz.