Bisher bestimmte der Zweikampf zwischen den Parteichefs Jörg Meuthen und Frauke Petry den Streit in der AfD-Fraktion. Doch jetzt melden sich auch die Abgeordneten zu Wort.

Stuttgart - Ob der Landtag tatsächlich eine weitere und damit sechste Fraktion aus Abgeordneten mit AfD-Parteibuch bekommt, bleibt unklar. Diese Frage werden nun Verfassungsrechtler im Auftrag der Landtagsverwaltung klären. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das sogenannte Fraktionsvermehrungsverbot die Pläne von Jörg Meuthen für eine neue Fraktion zunichtemacht.

 

Der Wirtschaftsprofessor war am Dienstag mit zwölf Mandatsträgern aus der AfD-Fraktion ausgetreten. Später schloss sich ein weiterer Abgeordneter ihm an. Zuvor war es dem Ex-Fraktionschef nicht gelungen, eine Zwei-Drittel-Mehrheit für einen Rauswurf von Wolfgang Gedeon aus der ursprünglich 23-köpfigen Fraktion zu organisieren. Dem Arzt wird vorgeworfen, antisemitische Positionen zu vertreten.

Am Donnerstag ging das Kräftemessen zwischen beiden Lagern weiter. Meuthen arbeitete daran, die AfD-Fraktion zu dezimieren, die nach dem zwischenzeitlichen Austritt Gedeons noch acht Mitglieder hat. Dessen ungeachtet wählte die Rest-Fraktion eine neue Führung. Neuer AfD-Fraktionschef ist Heiner Merz (Heidenheim), Rüdiger Klos (Mannheim) und Emil Sänze (Rottweil) vertreten ihn. Bernd Grimmer (Pforzheim) ist Parlamentarischer Geschäftsführer. Sänze und Grimmer waren in selbiger Position bereits unter Meuthen tätig.

Fraktionsspaltung aus „persönlichen Motiven“?

Die neue Fraktionsspitze richtete sogleich schwere Vorwürfe gegen Meuthen. Merz erklärte, die Fraktionsspaltung sei aus „persönlichen Motiven“ betrieben worden. Es sei unverständlich, dass die Spaltung fortbestehe, obwohl der Grund dafür mit dem Austritt Gedeons weggefallen sei. „Wir bieten jedem Mitglied der Meuthen-Truppe die Rückkehr in die eigentliche Fraktion an“, sagte Merz. Und: „Uns ist es ein großes Anliegen, wieder die Geschlossenheit der AfD in Baden-Württemberg zu demonstrieren.“

Konkret warf die neue Spitze der AfD-Fraktion Meuthen „selbstherrliches Verhalten“ vor. „In Pressekonferenzen zum Fall Gedeon war die Begrifflichkeit immer ich, ich, ich, aber nie wir“, sagte Sänze. Es gehe aber „nicht um das Schicksal eines einzelnen, sondern um die Gemeinschaft“.

Grimmer erklärte, der autoritäre Führungsstil Meuthens habe sich vor allem darin gezeigt, wie er das von der Fraktion mit großer Mehrheit beschlossene Verfahren im Fall Gedeon hintertrieben habe. Meuthen habe das Verfahren, für das man sich ursprünglich bis September habe Zeit nehmen wollen, „massiv beschleunigt“. Statt ausführlicher wissenschaftlicher Gutachten zu Gedeon seien plötzlich nur zwei kurze Stellungnahmen eingefordert worden. Dagegen habe man sich entschieden gewehrt und entsprechend abgestimmt. „Es ging dabei nicht unbedingt gegen Herrn Meuthen oder für Herrn Gedeon“, so Grimmer. Man werde nun weiter nach Gutachtern suchen und dann final über Gedeon entscheiden. Es sei nicht ausgeschlossen, dass er wieder der AfD-Fraktion beitreten dürfe, sagte Sänze.

Claudia Martin (Wiesloch), jetzt fraktionslose Abgeordnete neben Meuthen, zeigte dafür kein Verständnis. „Ich möchte nicht, dass die Positionen von Herrn Gedeon auch nur einen Fingerhut voll Platz finden in der AfD. Man kann nicht nur von Abgrenzung reden, man muss sie auch praktizieren“, sagte sie. Für ihren Schritt aus der Fraktion habe sie viel Zustimmung erhalten. „Jetzt seid ihr wieder wählbar“, höre sie immer wieder.