Ob Fotos, Musik oder Text – vieles existiert nur noch digital. Besonders sicher sind die Daten nicht. Ein Experte gibt Tipps für die dauerhafte Speicherung.

Leben: Ricarda Stiller (rst)

Stuttgart - Wir sollten uns einmal ernsthaft Gedanken über die Menge digitaler Daten machen, die wir Tag für Tag produzieren. Wieso? Ist doch kein Problem, werden jetzt viele sagen. In Zeiten, da es USB-Sticks mit 64 Gigabyte für 30 Euro und externe Festplatten mit einer Kapazität von zwei Terabyte für 100 Euro zu kaufen gibt, können wir doch munter weiter Daten anhäufen. Nein, sagen die Experten. Wir werden die Menge an Daten nicht mehr beherrschen. Wir verlieren den Überblick und in einigen Jahren lassen sich viele Dateien ohnehin nicht mehr lesen.

 

Das große Problem der Digitalisierung ist den meisten bewusst: Daten werden auf CDs oder DVDs gebrannt und archiviert. Doch die optischen Datenträger sind keineswegs für eine dauerhafte Lagerung geeignet. Auch wenn die Qualität der Rohlinge inzwischen wesentlich besser geworden ist und die Haltbarkeit vielleicht wirklich 50 Jahre oder mehr beträgt. Das Problem sind die Dateiformate, die wechselnden Betriebssysteme und immer neue Programmversionen. Schon in fünf oder zehn Jahren lassen sich viele Dokumente nicht mehr auslesen, und vielleicht gibt es auch keine geeigneten Laufwerke mehr.

Wer besitzt noch ein Diskettenlaufwerk, wer kennt noch Zip-Disketten und hat das passende Laufwerk dazu? Auch CD- und DVD-Laufwerke verschwinden bereits ganz langsam vom Markt. „Die optischen Speicher sind ganz klar ein Auslaufmodell“, sagt der Professor für Informationstechnologie Rolf Däßler von der Fachhochschule Potsdam. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Problematik, dass Datenträger schon nach relativ kurzer Zeit nicht mehr gelesen werden können. Er vergleicht das gerne mit den Hieroglyphen. Geht die Überlieferung für die Entschlüsselung von codierten Systemen verloren, so könnten nachfolgende Generationen mit den reinen Daten nichts anfangen.

Brauchen wir mehr Computermuseen?

So sei es sinnlos, einfach nur binäre Daten aus Nullen und Einsen zu archivieren, wenn diese später nicht mehr verstanden werden könnten, sagt Däßler. Ging man vor einiger Zeit noch davon aus, dass man die Hardware und Software gemeinsam aufbewahren müsse, um später noch alles Digitale lesen und betrachten zu können, so setzt man heute auf Migration und Emulation. Bei der Migration werden die Daten in ein neues System übertragen und dort lesbar gemacht. Bei der Emulation wird eine Umgebung geschaffen, die die ursprüngliche nachbildet – also beispielsweise eine bestimmte Version eines Programmes wie Word. Es handelt sich also um eine Simulation der alten Umgebung. Sonst müsste man im Grunde überall Computermuseen einrichten. Es wäre kaum möglich, die alten Geräte dauerhaft in Betrieb zu halten, auch die Wartung würde viel kosten.

Doch wie nun können die digitalen Filme, Fotos, all die Musik, die nur noch als Download existiert, und die vielen E-Mails oder Word-Dokumente gesichert werden? Müssen wir uns neue Backup-Strategien überlegen oder uns gar vollständig davon verabschieden, Dinge für die Ewigkeit aufheben zu wollen?

Für vollkommen ungeeignet hält Däßler die Festplatte des aktuell verwendeten Computers. Gerade sie sei ständig in Benutzung und dadurch besonders anfällig für Verschleiß. Mit höchstens fünf Jahren Lebensdauer rechne man bei Festplatten, die in Notebooks oder Desktop-Computern eingebaut sind, sagt der Fachmann für digitale Langzeitarchivierung.

Festplatten sind aber dennoch die einzigen Medien, auf denen man seine Daten dauerhaft speichern sollte. Überhaupt nicht geeignet sind USB-Sticks. Sie sind viel zu anfällig für Datenverluste und daher lediglich für den Transport von A nach B geeignet. Wer glaubt, er habe eine Sicherheitskopie auf seinem Stick und könne sich daher eine Kopie auf einer externen Festplatte sparen, irrt. Festplatten sind die einzigen Speichermedien, die Fehler in Dateien erkennen und auch reparieren können.

Es findet nur wieder, wer zuvor geordnet hat

Das oberste Gebot sollte daher immer sein, seine Filme, Fotos, Text- oder Musikdateien auf eine externe Festplatte zu überspielen. Dabei ist es ratsam beim Kauf einer solchen Festplatte nicht nur auf Qualität, sondern möglichst auch noch auf doppelte Sicherheit zu achten. Diese erreicht man, indem man sich für eine sogenannte Raid-1-Festplatte entscheidet. Raid steht für „Redundant Array of Independent Disks“, also „Redundante Anordnung unabhängiger Festplatten“, was bei einer Raid-1 bedeutet, dass eine zweite Festplatte die Daten spiegelt – also doppelt abspeichert. Ginge eine Festplatte kaputt, so bliebe als Sicherheit noch die zweite.

Möchte man noch mehr Sicherheit für seine digitalen Daten, kann man entweder auf Raid-2 oder höher ausweichen, wodurch die Daten mehrfach gespiegelt werden können. Oder man lagert eine weitere Festplatte an einem anderen Ort. Außerdem sollte man sämtliche Geräte mit einem Passwort schützen. Ebenfalls möglich ist inzwischen, eine Kopie all seiner Daten bei einem externen Anbieter – also in der Cloud – abzulegen und somit auch das Risiko auszulagern. Dies sollte man sich vor allem dann überlegen, wenn man mehrere Endgeräte wie zum Beispiel ein Smartphone, einen Tablet-Computer, ein Notebook und einen Desktop-PC im Einsatz hat. Allerdings gefällt die Vorstellung nicht jedem, die privaten Daten einem Dienstleister zu überlassen, der in der Ferne große Serverfarmen betreibt. Immerhin kann man davon ausgehen, dass den Profis nicht so schnell Daten verloren gehen.

Doch all das Sichern und Speichern von Daten hilft nur, wenn man die Organisation von Information beherrscht. Im Grunde müsste man das in der Schule lernen. Würden wir weniger Daten produzieren, immer gleich radikal sortieren, auswählen, und uns beschränken – wir hätten Ordnung und Struktur auf unseren Festplatten. Unbedingt müssten wir die Möglichkeit nutzen, alle Texte und Bilder sogleich mit Metadaten zu versehen, so dass wir auch später die Chance hätten, unsere Daten wiederzufinden. Rolf Däßler gibt zu, dass er selbst erst gar nicht mehr damit anfangen werde, sein Terabyte privater Daten zu sortieren und zu organisieren. Und was ihn schon lange ins Grübeln bringt: „Man ist doch mehr damit beschäftigt, Systempflege zu betreiben und Updates zu installieren, als sich mit den Inhalten zu beschäftigen.“

Fünf Tipps für das Speichern privater Daten

1. Disziplin und Relevanz
Speichern Sie nur die Daten, die sie wirklich dauerhaft aufbewahren wollen. Sortieren Sie nach jedem Urlaub sofort alle unbrauchbaren Fotos aus. So reduziert sich die Datenmenge und das Wiederfinden wird erleichtert.

2. Benennen und Ordnen
Überlegen Sie sich ein System, das Sie möglichst auch in Zukunft beibehalten werden. Geben Sie den Ordnern und einzelnen Dateien Namen und versehen diese mit Metadaten wie Schlagworten. Nur so lassen sich später Dokumente schnell finden.

3. Redundante Sicherung
Auch wenn noch alle CDs lesbar und noch keine Festplatte kaputtgegangen sind, sichern Sie immer mindestens doppelt. Idealerweise hat man eine Kopie der gesamten Festplatte auf einer externen. Zusätzlich kann man noch einzelne Daten auslagern – und auf anderen Speichermedien oder bei einem Cloud-Anbieter ablegen.

4. Migration und Lagerung
Die Backups müssen in regelmäßigen Abständen komplett auf neue Medien übertragen werden. Auch externe Festplatten halten nicht für die Ewigkeit. Erstaunlich anfällig sind die selbst gebrannten optischen Speichermedien. Eine lange Lebensdauer wird nur bei optimaler Lagerung erreicht: 25 Grad Celsius und 50 Prozent Luftfeuchtigkeit ohne Schwankungen sowie kein Lichteinfall.

5. Überprüfen aller Backups
Ob die Sicherungskopie noch lesbar ist, sollte regelmäßig geprüft werden. Bei Festplatten helfen Programme, Bit für Bit die Daten auf mögliche Fehler zu testen und beschädigte Dateien auch zu reparieren. Auch für CDs oder DVDs gibt es Prüfprogramme.