Die Zahl der übergewichtigen Kinder in Stuttgart ist leicht rückläufig. Hans-Otto Tropp, der Leiter des Gesundheitsamts, ist erstaunt. „Wir hatten mit einem weiteren Anstieg gerechnet.“ Und Stuttgart steht mit diesem Trend nicht allein da.

Stuttgart - Die Zahl der übergewichtigen Kinder in Stuttgart ist leicht rückläufig. Bei den Kindern der Einschulungsjahrgänge 2011 bis 2014 waren in Stuttgart durchschnittlich 10,2 Prozent übergewichtig. Von diesen wiederum waren 3,9 Prozent adipös und 1,2 Prozent extrem adipös. Beim Übergewicht zeigt sich seit 2012 ein Rückgang von 10,9 auf 9,3 Prozent. Erhoben wurden die Daten von etwa 20 000 Stuttgarter Kindern. „Wir hatten mit einem weiteren Anstieg gerechnet. Schon einen leichten Rückgang werten wir als Erfolg der Präventionsarbeit“, sagte Hans-Otto Tropp, der Leiter des Gesundheitsamts, am Montag im Sozial- und Gesundheitsausschuss. Stuttgart steht mit diesem Trend nicht allein da. Auch in anderen Bundesländern wurden zuletzt weniger Kinder als übergewichtig eingestuft.

 

Übergewicht ist nicht gleich Krankheit

Während bei Erwachsenen das Gewicht in Relation zur Körpergröße gesetzt wird, um festzustellen, ob jemand übergewichtig ist, wird bei Kindern geschaut, wie groß und schwer sie im Vergleich zu ihren Altersgenossen sind. Hierzu werden für jedes Land eigene Referenzjahrgänge gebildet. Gehören die Kinder zu den zehn Prozent der zugrunde gelegten Referenzjahrgänge, die am schwersten sind, werden sie als übergewichtig eingestuft. „Bei Kindern dürfen wir Übergewicht nicht mit Krankheit gleichsetzen“, machte Stefan Ehehalt deutlich, der Arzt im Stuttgarter Gesundheitsamt ist und zugleich Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kinder- und Jugendalter bei der Deutschen Adipositas Gesellschaft. Jedoch sei festzustellen, dass jeder dritte Junge mit extremer Adipositas unter einer Fettleber leide.

Ärzte gehen davon aus, dass mehr als 80 Prozent der Kinder, die im Kindesalter unter Adipositas leiden, auch als Erwachsene stark übergewichtig sind. „Je höher das Lebensalter, umso höher ist das Risiko einer Erkrankung“, machte Ehehalt deutlich. Deshalb sei es wichtig, mit der Präventionsarbeit schon in den Kindertagesstätten zu beginnen. Die Einschulungsuntersuchungen haben außerdem ergeben, dass Jungen und Mädchen etwa gleich häufig von Übergewicht betroffen waren. Differenziert man nach Sprache, ergibt sich ein anderes Bild: Kinder mit einer nicht deutschen Familiensprache sind in der Regel deutlich häufiger von Übergewicht betroffen, allen voran Kinder mit südeuropäischen Wurzeln. Dies decke sich mit europaweiten Studien, die gezeigt hätten, dass in südeuropäischen Ländern mehr Kinder und Jugendliche an Adipositas leiden als in nordeuropäischen Ländern. „Erklärt wird dies unter anderem mit einer gewissen genetischen Veranlagung, aber auch mit kulturellen Faktoren“, so Ehehalt. Gezeigt haben die Stuttgarter Einschulungsuntersuchungen auch, dass bei übergewichtigen Kindern größere Lücken bei den kinderärztlichen Vorsorgeuntersuchungen vorhanden sind als bei den anderen.

Stadträte fordern Ideen der Verwaltung

Die SPD-Stadrätin Marita Gröger reagierte auf die Zahlen mit Ungeduld: „Wir kennen die Fakten schon seit Jahren. Wir wissen, wer die Risikogruppen sind und wo wir ansetzen müssen. Wann gehen wir endlich in die Offensive?“ Als positives Beispiel nannte sie die Stadt Karlsruhe, die den Kindern bei der Einschulung kostenlos Gutscheine für Sportangebote aushändige. Hannes Rockenbauch (SÖS-Linke-Plus) pflichtete ihr bei. „Wir brauchen Ideen von der Verwaltung.“ Die CDU-Stadträtin Beate Bulle-Schmid hält es für wichtig, dass der Gemeinderat sich überlegt, ob „wir nicht Geld für die Gesundheitsstudie unter Jugendlichen frei machen wollen“, um feststellen zu können, wie es mit Adipositas bei Jugendlichen stehe.

Stefan Ehehalt bat die Räte um Geduld. Im Moment laufe eine Studie der Universität Tübingen, im Rahmen derer Eltern, Ärzte, Erzieher und andere Berufsgruppen befragt worden seien. „Wenn wir die Ergebnisse haben, können wir Maßnahmen empfehlen.“ Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer verwies darauf, dass die Stadt nicht untätig gewesen sei, sondern sich viele Maßnahmen seit Jahren bewähren. „Wir werden auch weiter in die Qualität der Kinder-und Jugendeinrichtungen investieren.“