Bei Gipfeltreffen in Asien diese Woche stehen keine Entscheidungen an. Es geht vielmehr darum, Allianzen zu stärken. Allerdings fordert China immer stärker eine führende Rolle ein – und konkurriert dabei mit Japan.

Korrespondenten: Inna Hartwich

Peking - Bevor sich die asiatischen Staaten mit ihren Dialogpartnern im Kleinen treffen, geht es auf Bali in Indonesien von Montag an um ganz große Fragen, unter dem Schirm der Apec, der asiatisch-pazifischen Wirtschaftszusammenarbeit, wollen 21 Pazifik-Anrainer über ihr Wachstum beraten und ihre „Freundschaft“ pflegen. Zwei Tage später kommen zehn Mitglieder des Verbandes südostasiatischer Nationen (Asean) und ihre Dialogpartner in Brunei Darussalam zusammen, dem „Ort des Friedens“. Doch auch nach mehr als 40 Jahren wissen die Länder nicht genau, was genau sie eigentlich zusammenhält. Zu unterschiedlich sind ihre Wirtschaftsmodelle, die politischen Strukturen und die soziokulturellen Hintergründe.

 

US-Präsident Obama hat seine Asien-Reise abgesagt

Die Chinesen sind selbstverständlich bei beiden Treffen dabei. Ihr immer selbstbewussteres Auftreten stellt die Ost- und Südostasiaten vermehrt vor die Frage, wie mit ihrem großen Nachbarn zu verfahren sei. Bereits vor dem Gipfel hatte sich der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping auf den Weg nach Indonesien und Malaysia gemacht. In Jakarta hielt er eine Rede vor dem Parlament. US-Präsident Barack Obama aber hat wegen des Haushaltsstreits in seinem Land die Reise nach Malaysia und auf die Philippinen abgesagt – ebenso seine Reise zum Apec-Treffen und Asean-Gipfel. Dabei hat Amerika in den vergangenen Jahren viel in seine Asienstrategie investiert.

1989 hatten sich zwölf Staaten zur Apec zusammengeschlossen, darunter Australien, Japan, USA, Südkorea, Indonesien, um in informellen Gesprächen die Wirtschaft im immer wichtiger werdenden asiatisch-pazifischen Raum zu stärken. Mittlerweile ist es eine Entscheidungskonferenz für 21 Pazifik-Anrainer. Die Abkommen sind allerdings nicht bindend.

China tritt immer selbstbewusster auf

Diesmal soll es um „Wachstum und Gerechtigkeit“ gehen, um die „Umgestaltung der globalen Wirtschaft“. Eine Umgestaltung, in der vor allem China immer selbstbewusster auftritt. Die Chinesen fordern entsprechend ihrer wachsenden Rolle mehr Einfluss ein und bringen damit wiederum die Asean-Staaten in Bedrängnis, denn Peking gehört nicht voll zu dieser Gemeinschaft – anders als bei der Apec. Die geostrategischen Spannungen mit Japan, Taiwan, Vietnam, Malaysia, Philippinen, Brunei sind zwar abgeklungen, aber ganz nachgelassen haben sie nicht. Im Westpazifik ist Peking an insgesamt 16 Gebietskonflikten beteiligt. Und verbindliche Richtlinien, um Einflusszonen dieser Gebiete einzugrenzen, fehlen.

So nahmen diese „maritimen Streitigkeiten“ in den vergangenen Jahren zu. Meist geht es um unbewohnte Felsen. Die aber lassen reiche Fischgründe und vor allem reichlich Öl und Gas vermuten. Das Gebiet südlich von China ist zudem einer der wichtigsten Seewege der Welt und für die globale Wirtschaft von besonderer Bedeutung. „China kann seine Entwicklung nicht isoliert von der Welt erreichen. Aber auch die Welt kann sich ohne China nicht entwickeln“, sagte Chinas Präsident Xi vor dem Parlament in Indonesien. Die Volksrepublik übernehme soziale Verantwortung und könne mit der Erfahrung der vergangenen 30 Jahre vor allem in Ländern wie Laos und Kambodscha viel mehr ausrichten als der Westen, schrieb die Staatszeitung „Global Times“. „Chinesische Investoren sind besser als westliche Kolonialisten“, ätzte das Blatt.

Zwischen Indonesien und Peking wachsen die Beziehungen

Mit Indonesien pflegt Peking immer engere Bande. Seit dem Asean-China-Freihandelsabkommen vor drei Jahren wachsen die gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen. Die Chinesen exportieren Maschinen, Kleidung und Nahrung und investieren vor allem in den indonesischen Zementsektor. „Lasst uns einander die Hand reichen und gemeinsam historische Wunder in der Geschichte der menschlichen Entwicklung vollbringen“, sagte Xi in salbungsvollen Worten in Jakarta. Der philippinische Präsident Aquino meidet dagegen den chinesischen Staatslenker. Zu einem persönlichen Gespräch, so teilte Aquinos Sprecher mit, werde es während der beiden Gipfel nicht kommen.

Die Philippinen zanken sich mit den Chinesen genauso ums Meer wie die Chinesen mit den Japanern. Zudem streitet Peking mit den Japanern um die Diaoyu-Inseln, auf Japanisch Senkaku genannt, und mit Vietnam und Taiwan um die Paracel-Inseln und mit Vietnam, Taiwan, Malaysia, Brunei und den Philippinen um die Spratly-Inseln, auf Chinesisch Nansha. Die Ost- und Südostasiaten berufen sich bei den Spratly-Inseln auf die Seerechtskonvention der UN und beanspruchen jeweils 200 Seemeilen als Wirtschaftszone für sich. China pocht auf seine historisch verbürgten Vorrechte – und lässt trotz all den offiziellen Beteuerungen von „Freundschaft und Harmonie“ die Muskeln spielen.

Peking weigert sich, an multilateralen Gesprächen teilzunehmen

Die Asean könnte hier vermitteln. Doch das dürfte auch beim Treffen in Brunei nicht geschehen, denn die Staatengemeinschaft schafft es nicht, sich auf einen gemeinsamen Standpunkt zu einigen. Sie will Peking zu multilateralen Gesprächen bewegen. Die Chinesen jedoch weigern sich, akzeptieren lediglich bilaterale Verhandlungen. Diese Haltung führt dazu, dass die Ost- und Südostasiaten verstärkt nach einer Kooperation mit den USA suchen. Auch Indonesien könnte vermitteln, doch seit es engere militärische Verbindungen mit China eingegangen ist, hat es die Rolle des Mediators eingebüßt. So geraten die „Zwerg“-Staaten wie Vietnam, Philippinen und Kambodscha in den Sog der zwei „Giganten“: China und USA. Die Chinesen zeigen sich selbstsicher in der Asienrunde, die USA aber haben gerade mit sich selbst zu kämpfen.