Ob ihr erster Golf (2005 für 300 Euro verkauft) überhaupt noch existiert, weiß die Redakteurin Viola Volland nicht. Aber zumindest hat sie jetzt erfahren, dass der Tüv bald fällig ist – weil wohl eine Werkstatt ihre Kundendaten besonders lange aufbewahrt.

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Stuttgart - Es kommt nur selten vor, dass mein privates Handy tagsüber bei der Arbeit klingelt. Vor wenigen Tagen war es aber mal wieder so weit. „Guten Tag“, flötete eine Dame aus dem Callcenter einer Autowerkstatt. Sie war wirklich freundlich. Und doch schaffte sie es, mich kurzzeitig aus der Fassung zu bringen. Dafür reichten ihr sieben Worte: „Könnte ich bitte mit Klaus Volland sprechen?“

 

Sie hätte sich natürlich verwählt haben können. Wer hat nicht schon mal eine SMS bekommen, in der eine Sonja oder ein Marki schreibt, dass sie beziehungsweise er sich verspätet. Doch dass das nicht der Fall sein konnte, war mir sofort klar. Schließlich kenne ich Klaus Volland, ausgesprochen gut sogar. Er lebt circa 660 Kilometer von Stuttgart entfernt und ist mein Vater. „Äh, interessant, das sie mich da anrufen“, stammelte ich also. Klaus Volland sei nur leider gerade nicht greifbar. Ob ich ihm etwas ausrichten könne?

„Ja, bei seinem Golf läuft diesen Monat der Tüv ab.“ – Das war nun ebenfalls interessant beziehungsweise noch etwas verwirrender. Das Auto meiner Eltern ist nämlich auf meine Mutter angemeldet – und es ist kein Golf. „Wir haben da ein Angebot in unserer Werkstatt in Bremerhaven: Tüv für 80 Euro.“ Ich versprach, es Klaus Volland auszurichten, legte auf und begann zu grübeln. Meine erste Theorie war absolut naheliegend: Big Data. BND und NSA wissen alles, Google und Facebook auch, warum sollten nicht auch die deutschen Autowerkstätten fleißig Daten abgreifen? Und weil bekanntermaßen der Vater eh nie an sein Handy geht, was tatsächlich so ist, ruft man eben die Tochter an. . .

Schwarzmetallic mit Doppelscheinwerfern und Spoiler

Ich wollte die Sache eigentlich schon ad acta legen und weiterarbeiten, da passierte etwas. Plötzlich hatte ich ein Bild im Kopf: von einem Golf in schwarzmetallic mit Doppelscheinwerfern und Spoiler. Mein erstes eigenes Auto, Baujahr 1989, gekauft von und angemeldet auf meinen Vater. Wir hatten keine gute Zeit zusammen, der Golf und ich. 2005 war es endgültig vorbei. 300 Euro habe ich noch für ihn bekommen.

Nach zehn Jahren ist er also wieder da, zumindest virtuell, aufgetaucht aus den Untiefen des Werkstattservers und bringt mich in moralischen Zugzwang. Was, wenn es ihn trotz Abwrackprämie und massiven Kühlwasserproblemen doch noch gibt?

Also gut: Falls Sie, lieber Käufer von 2005, dies also lesen: der Tüv Ihres Wagens ist fällig. Fahren Sie möglichst schnell nach Bremerhaven. In nur 690 Kilometern sind sie da. Es lohnt sich. Bestimmt.