Eine Stadtbahnfahrt ist nicht immer lustig. Es sei denn, plötzlich geht nichts mehr, und der Mann am Steuer ist ein Schwabe. Dann gilt auch der Grundsatz „Nix g’schwätzt isch g’nug g’lobt“ ratzfatz nicht mehr.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Wenn man sich in Krisenzeiten im Internet bewegt, kann man den Glauben an die Menschheit schnell verlieren. Zwei Minuten Verspätung in der Bahn, schon zieht ein Donnergrollen wüster Beschimpfungen über dem Horizont des WWW herauf. Twitter und Facebook sei Dank (oder halt auch nicht), kann sich dort jeder als selbsterkorener Weltverbesserer sofort den Kropf leeren.

 

- Ganz anders ist es am Montag geschehen. Etwa eine halbe Stunde lang saßen die Passagiere der U 15 in eben dieser auf dem Weg in den Feierabend gefangen. Beschimpfungen? Grummelei? Gebruddel? Fehlanzeige. Stattdessen: Applaus auf allen Kanälen zwitscherte durch die Stadt.

Was war da los – ist das Internet kaputt? Wo es doch sonst im Sekundentakt Weltschmerz („Dreckswinter“) und Missmut („Dreckshitze) in unsere Smartphones überträgt? Mitnichten. Die Passagiere hatten einfach Glück und den heißesten Kandidaten für den Preis „Stadtbahnfahrer des Jahres“ an Bord. Schon die erste Durchsage: „Wie sie vielleicht sehen, steht vor uns ein PKW im Gleisbett. Warum, weiß ich nicht. Ich würde aber sagen, wir haben jetzt eine Fahrtunterbrechung“, ließ allen Groll weichen. Dass das Ganze dann auch noch ganz charmant und vor allem auf Schwäbisch durchgesagt wurde, ließ die Stimmung endgültig kippen, und zwar ins Gute: Der ganze Wagen lachte. Augenzeugen berichten, dass jede weitere Beschreibung der Lage – vor der Bahn ein Auto auf den Schienen, dahinter eine andere Bahn – mit Lachsalven bedacht wurde. Am Ende machten die Passagiere dem Fahrer die größte Liebeserklärung, die man diesseits des Kesselrandes machen kann: „Des war halt so en richtiger Schwob!“

Was lernen wir daraus? Auch wenn der Dialekt die Sprache des Herzens ist, müssen wir an dieser Stelle mit einem ehernen Grundsatz der Mundart brechen: „Net gschompfa isch globt gnuag“, das gilt in diesem Falle nicht – Applaus, Applaus, für den Fahrgasterheiterer aus der U 15!