Eva Noller wechselt als Baubürgermeisterin nach Leinfelden-Echterdingen. Manche Stadträte suchen die Schuld dafür bei Göppingens OB Guido Till. Der habe die beliebte Planerin zu wenig unterstützt.

Göppingen - Die Gemeinderäte sind überrascht und betroffen: Die Stadtplanerin Eva Noller hat am Montag erstmals öffentlich gemacht, dass sie als Baubürgermeisterin nach Leinfelden-Echterdingen (Kreis Esslingen) gehen will. Dass sie dort Mitte September gewählt wird, gilt als sicher. Alle Fraktionen haben sich auf sie verständigt, und sie ist die einzige verbliebene Kandidatin. „Das ist ein ganz, ganz herber Verlust für Göppingen“, klagt nicht nur der Fraktionschef der Freien Wähler Wolfram Feifel.

 

Einige Stadträte geben dem Göppinger Oberbürgermeister Guido Till die Schuld dafür, dass Noller auf die Filder wechselt. Der habe die Stadtplanerin zu wenig unterstützt, so die Kritik. Noller war auch als heiße Kandidatin für die Nachfolge des Baubürgermeisters Olav Brinker gehandelt worden.

Waren zwei Frauen eine zu viel?

Sie wolle keine schmutzige Wäsche waschen, antwortet Noller, wenn man sie nach den Gründen für ihren Abschied und vor allem nach ihrem Verhältnis zu Till fragt. Ob Noller die Nachfolge Brinkers hätte antreten können, ist ungewiss. Denn wenn es nach dem Oberbürgermeister ginge, gäbe es die Stelle in Zukunft gar nicht mehr. Und so endet jedes Gespräch, das man mit oder über Noller und ihre Pläne führt, am Ende doch bei Till.

Auseinandersetzungen, wie es sie auch mit dem OB gegeben habe, machten ihr nichts aus, sagt Noller dazu. Allerdings sei ihr „manchmal zu unsachlich gewesen, wie in der Verwaltungsspitze mit Themen umgegangen wurde“. Zudem habe sie den Eindruck gehabt, dass Till in Sachen Baubürgermeisterstelle nicht hinter ihr gestanden habe. Zwei Frauen auf Bürgermeisterposten – die Sozialbürgermeisterin in der Stadt heißt Gabriele Zull – das sei wohl nicht Tills Wunschkonstellation gewesen. „Deshalb bin ich davon ausgegangen, dass es nicht einfach werden würde, selbst wenn ich im kommenden Jahr gewählt worden wäre“, sagt Noller.

Noller erwartet spannende Aufgaben auf den Fildern

Eigentlich habe sie aber gar nicht aus Göppingen weggewollt, erzählt die Noch-Stadtplanerin. Zumindest noch nicht in diesem Jahr. Doch dann sei Roland Klenk, der Oberbürgermeister von Leinfelden-Echterdingen, auf sie zugekommen und habe sie gefragt, ob sie sich nicht bewerben wolle. „Mir ist Göppingen richtig ans Herz gewachsen“, sagt Noller. Aber nach einigem Nachdenken habe sie sich dann doch für die Filder entschieden. Denn auch dort gebe es spannende Aufgaben, wie sie meint: die Entwicklung der Ortskerne in den Stadtteilen etwa oder die Verbindung zum Flughafen und zur Messe.

Till ist seit Montag im Urlaub. Über seinen Sprecher Dejan Mrkaja lässt er aber ausrichten, er wünsche Noller für ihre neue Aufgabe alles Gute. Er zolle ihr „tiefste Anerkennung“ und spreche ihr seinen Dank aus. Die Kritik, er habe nicht hinter Noller gestanden, könne er nicht nachvollziehen, da es in der langjährigen Zusammenarbeit nie eine Situation gegeben habe, in der er Noller nicht unterstützt habe.

Der Abschied der Stadtplanerin bringt die Fraktionen dazu, auch über die Zukunft des technischen Rathauses nachzudenken. Die CDU und die FDP/FW können sich vorstellen, auf einen Baubürgermeister zu verzichten, falls sich nach dem Ablauf von Olav Brinkers Amtszeit kein geeigneter Kandidat meldet. Die anderen Fraktionen bestehen hingegen darauf, die Stelle zu erhalten und im Zweifel auch aktiv nach einem Nachfolger zu suchen. „Die Stadt braucht einen starken und fähigen Baubürgermeister“, sagt etwa Christoph Weber von den Grünen, und Feifel ergänzt: „Es wäre die größte Dummheit, den Baubürgermeister in der Stadt Göppingen abzuschaffen.“

Kommentar: Das Wehklagen kommt zu spät

Göppingen - Wenn es im Rathaus menschlich nicht rund läuft, steht der Oberbürgermeister Guido Till schnell unter Verdacht, seine Finger im Spiel zu haben. Bei seinem Verhalten in der Vergangenheit ist das kein Wunder, immerhin hat er bereits den zweiten Baubürgermeister verschlissen, gerät immer wieder mit diversen Stadträten aneinander und soll auch im Umgang mit Amtsleitern nicht eben zimperlich sein. Der Vorwurf mancher Stadträte, er trage die Verantwortung dafür, dass die Stadtplanerin Eva Noller jetzt nach Leinfelden-Echterdingen wechselt, greift dennoch zu kurz.

Denn gerade wenn das Gerücht stimmen sollte, dass Till der Stadtplanerin das Leben in den vergangenen Monaten immer wieder schwer gemacht habe, gibt es eine Instanz, die das hätte verhindern können und müssen: den Gemeinderat.

Die Stadträte können dem Verwaltungschef zwar nicht diktieren, wie er mit seinen Mitarbeitern umzugehen hat. Aber sie entscheiden letztlich, wohin sich die Stadtpolitik bewegt. Und damit beeinflussen sie indirekt das Klima in der Stadtverwaltung. Die Frage etwa, ob es in Zukunft noch einen Baubürgermeister geben soll, hätte schon längst entschieden werden können.

Hätten die Stadträte nicht jahrelang zugeschaut, wie der Konflikt zwischen dem Baubürgermeister Olav Brinker und dem OB Guido Till eskaliert, dem Baubürgermeister das eine oder andere Mal den Rücken gestärkt, dann wäre es jetzt vielleicht nicht notwendig, überhaupt darüber nachzudenken, was aus Brinkers Stelle wird. Und dann hätte Eva Noller vielleicht darauf gesetzt, dass man in Göppingen ungehindert Karriere machen kann, wenn man etwas auf dem Kasten hat.