Das Abendgymnasium an der Volkshochschule besteht sei dem Jahr 1976. Doch die Anmeldezahlen sinken.Susanne Meyer, eine Schülerin, bedauert das. Die 30-Jährige ist froh, sich weiterentwickeln zu können.

Göppingen - Mittlere Reife, Ausbildung, Berufstätigkeit – Susanne Meyer hat sich damit nicht zufriedengeben wollen. „Ich bin noch zu jung, um stehen zu bleiben“, sagte sich die medizinische Fachangestellte und meldete sich zum Abendgymnasium der Göppinger Volkshochschule an. Das ist zwei Jahre her, sie war gerade 28 Jahre alt. Bis zum Abitur muss sie noch weitere zwei Jahre die Schulbank drücken. Nach den Sommerferien beginnen die Oberstufenkurse. „Da wird den Leuten nichts geschenkt“, sagt Michael von Hagen, der Leiter des Abendgymnasiums. Susanne Meyer kann das nicht erschüttern. Sie hat ein festes Ziel vor Augen. Sie will Medizin studieren – oder Theologie.

 

Die meisten, die das Abendgymnasium besuchen, wollen nicht unbedingt das Abitur machen. „Viele holen den Fachhochschulabschluss nach, um sich in ihren erlernten Berufen weiterqualifizieren zu können“, sagt von Hagen. Das sei nicht verwerflich. Für Hauptschulabsolventen sei es auch möglich, nach den ersten beiden Kursen mit der Mittleren Reife abzuschließen. Auch die wenigen, die die das Abitur anstrebten, hätten grundverschiedene Motive. Manche wollten sich einfach nur beweisen, dass sie es könnten.

Viele wissen nichts von diesem Angebot

Dass es in Göppingen ein Abendgymnasium gibt, ist mittlerweile keine Selbstverständlichkeit mehr. Die Schülerzahlen sind rückläufig, wie Wolfgang Merkle, der Leiter der Volkshochschule, sagt. Es gebe inzwischen viele Wege, sich den Zugang zu einem Studium zu verschaffen. „Man kann auch mit einer Meisterprüfung studieren.“ Die Konsequenz: während in den Anfangsjahren ein Kurs 30 bis 35 Schüler zählte, sind es jetzt nur noch durchschnittlich zehn. „Nur noch zwei, drei Schüler, das wäre dann das Aus“, sagt Merkle, der alle Hebel in Bewegung setzen will, dieses in seinen Augen sehr wichtige Bildungsangebot zu erhalten. Eine mögliche Klientel sieht er direkt in den Betrieben. Mit einem höheren Schulabschluss könnten sich Beschäftigte zu Fachkräften weiterqualifizieren.

Susanne Meyer hat es selbst erlebt, dass berufstätige Menschen häufig gar nicht wissen, dass es in Göppingen ein Abendgymnasium gibt. Dabei suchten viele nach Möglichkeiten, voran zu kommen. Sie selbst habe in jungen Jahren nach der Mittleren Reife „aus Faulheit und wegen der Pubertät“ mit der Schule aufgehört. „Mit 16 Jahren wusste ich noch nicht, wer ich bin“, sagt sie. Bei der Berufswahl hatte der Zufall die Hand im Spiel. „Ich hatte mich auf verschiedene Stellen beworben. Das erste, was ich bekam, nahm ich“, erzählt sie. Doch am Ende ihrer Lehre keimte der Wunsch auf, neue Wege zu gehen.

Nach einem Arbeitstag wird gepaukt

Ohne das Abendgymnasium hätte sie ihren Traum aufgeben müssen. „Wenn ich zur Schule nach Stuttgart hätte fahren müssen, das hätte ich nicht geschafft, und für ein Fernabitur hätte ich nicht genügend Disziplin“, sagt Susanne Meyer. Ihr Tag ist streng durchgetaktet. Ihr Ehemann akzeptiert das und unterstützt sie. „Anders würde es nicht gehen“, sagt sie. Nach einem vollen Arbeitstag beginnt für sie um 17.15 Uhr die Schule. Schluss ist um 22 Uhr. Auf dem Heimweg in öffentlichen Verkehrsmitteln lernt sie weiter, um keine Zeit zu verschenken. Ohne Disziplin geht das nicht. Für diesen Kraftakt entschädigt sie die familiäre Atmosphäre. „Wir sind sieben Leute im Kurs, die Lehrer sind super und persönlich an uns interessiert“, erzählt die 30-Jährige, die auch in den Sommerferien „dranbleiben“ will, vor allem in Mathematik.

Informationsveranstaltung nach den Sommerferien

Wer vier Jahre lang die Schulbank im Abendgymnasium der Göppinger Volkshochschule gedrückt und erfolgreich die Prüfungen bestanden hat, hat das Abitur in der Tasche. Wer drei von vier Kursen absolviert hat, schließt mit der Fachhochschulreife ab. Die letzten beiden Kurse, die sogenannten Oberstufenkurse, konzentrieren sich auf die Fächer Deutsch, Englisch, Mathematik, Geschichte und Biologie. In Deutsch, Englisch und Mathematik müssen die Schüler die gleichen Aufgaben bewältigen, wie alle anderen Gymnasiasten auch. Das Abendgymnasium ist staatlich anerkannt und besteht seit 1976. Das Schulgeld beträgt 180 Euro pro Halbjahr. Der Unterricht findet im Freihofgymnasium statt. Die Unterrichtszeiten sind für die ersten beiden Kurse montags bis freitags von 17.15 bis 22 Uhr. In der Oberstufe ist an den Freitagen keine Schule.

Am Göppinger Abendgymnasium sind insgesamt 18 Lehrerinnen und Lehrer beschäftigt. Ein Teil von ihnen unterrichtet auch an Tagesgymnasien, andere arbeiten ausschließlich am Abendgymnasium. Auch Pensionäre und Hochschullehrer finden sich im Kollegium.

Die Schüler des Abendgymnasiums sind bunt zusammengewürfelt. Manche wollen noch studieren und brauchen dafür die Hochschulreife, andere wollen sich beweisen, dass sie das Abitur schaffen können. Wieder andere wollen sich beruflich weiterqualifizieren. Manche haben schon in ihrer Jugend ein Gymnasium besucht, die Schule aber abgebrochen.

Wer sich für das Abendgymnasium interessiert, kann sich am Dienstag, 11. September, um 17 Uhr im Vhs-Haus in der Mörikestraße informieren und bei Bedarf auch gleich einschreiben.