Göppingen hatte im Handball-Derby beim HBW Balingen-Weilstetten schon mit sechs Toren geführt – dann wurde es nochmal eng. Am Ende siegte Frisch Auf 32:31 und hat sich aus dem Tabellenkeller verabschiedet.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Balingen - Beim Einlauf ihrer Gladiatoren hatten sich die Regisseure des HBW Balingen-Weilstetten etwas Neues einfallen lassen. Die obligatorischen Einlaufkinder links und rechts trugen diesmal brennende Fackeln. Ein bisschen Pyro in der Sparkassenarena. Doch dann herrschte nicht nur Rauchverbot, sondern das Feuer auf dem Parkett war ebenfalls schnell erloschen. In einem selten friedlichen Duell zwischen dem HBW und Frisch Auf Göppingen, mit insgesamt lediglich fünf Zeitstrafen, schien das Spiel seinen Gang zu nehmen. Pro Göppingen. Die Gäste führten regelmäßig – zwischendurch mit sechs Toren. Und weil bei diesem Stand von 26:20 nur noch zehn Minuten zu spielen waren, schien das Ding gelaufen. Denkste. Am Ende stand es 32:31, ein knapper, aber nicht unverdienter Sieg der Gäste. Warum der am Samstagabend überhaupt noch einmal auf der Kippe stand? „In Balingen darf man sich nie sicher sein, und in einem Derby schon zweimal nicht“, sagte Felix Lobedank. Der muss es wissen. Schließlich hatte er sechs Jahre dort gespielt, ehe er zum Erzrivalen wechselte, bei dem er in den ersten beiden Jahren Höhen und Tiefen erlebte, ehe es jetzt ganz gut läuft, wie auch seine vier Treffer unterstreichen.

 

Ein Bewerbungsschreiben? „Ich kann im Moment nichts über meine Zukunft sagen“, sagte der 29-Jährige, dessen Vertrag zum Saisonende ausläuft. Rückkehr nicht ausgeschlossen, zumal gerade auf der Linkshänderposition der an allen Ecken und Enden vermisste Kai Häfner den HBW im Sommer in Richtung Hannover verlassen wird. Lobedank: „Mein erster Ansprechpartner bleibt Göppingen“ – und dessen neuer Trainer Magnus Andersson. Zusammen mit dem Spielmacher Tim Kneule, der unmittelbar nach der Pause mit seinen Toren Frisch Auf auf die Siegerstraße führte, sowie dem wurfgewaltigen Momir Rnic bildete er den gefährlichen Rückraum der Gäste, dem Balingen wenig entgegen zu setzen hatte, auch weil Felix König einen schwarzen Tag erwischt hatte – ohne Tor, aber mit etlichen Abspielfehlern. Und wer weiß, wie (deutlich) das Spiel ausgefallen wäre, hätte Rolf Brack nicht auf seine Geheimwaffe gesetzt: den siebten Feldspieler. Selten war der so wertvoll wie am Samstagabend. „80 Prozent Effektivität“, rechnete der Trainer vor, der diese umstrittene Taktik allerdings dosiert jeweils ab Mitte der beiden Hälften anwendete. „Wir waren zwar darauf eingestellt, haben aber die Vorgaben nicht umgesetzt“, sagte Göppingens Kneule selbstkritisch. „Ohne diese Taktik hätten wir es nicht auf über 30 Tore gebracht“, meinte dagegen Balingens Linksaußen Frank Ettwein, was zum Sieg reichen sollte, erst recht zuhause.

Mittelmann Kraus trotz Bronchitis im Einsatz

Doch die Probleme lagen in der Abwehr, wo sich der HBW immer wieder Unachtsamkeiten leistete. Eklatant wurde das vor allem in der spannenden Endphase, als Michael Kraus zu seiner besten Szene ansetzte und nach einem Freiwurf einen Zwei-Tore-Vorsprung herausholte. „Jetzt lege ich mich schnell wieder ins Bett und trinke Tee“, sagte der Mittelmann, der wegen einer Bronchitis erst in der letzten Viertelstunde kam und bemängelte: „Wenn man sich in Balingen auf zu viele Zweikämpfe einlässt, kommt man ins Schwimmen.“ Gerade noch mal gut gegangen, zumal der HBW just in der Endphase ein wenig mit den ansonsten guten Schiedsrichtern haderte. Es ist eben nicht unbedingt die Saison der Balinger. In den vergangenen drei Heimspielen fehlte jeweils ein Quäntchen Glück oder auch Können, um gegen Gummersbach, Melsungen und jetzt Göppingen einen Punkt mehr einzufahren. Die Quittung: der HBW steckt nach neun Spielen ohne Sieg mitten im Abstiegskampf, von dem sich der Rivale nun verabschiedet haben dürfte. Göppingen hat andere Ziele: „Wir wollten eine kleine Serie starten“, sagte der scheidende Trainer Velimir Petkovic. Was die letzten vier Spiele gelungen ist, aber noch unterfüttert werden muss. Schon nächsten Samstag gegen Gummersbach und dann in Minden.

Just dort fährt zunächst einmal Balingen hin, zum nicht minder brisanten Kellerduell. „Wir müssen so langsam punkten“, sagt Roland Schlinger angesichts des schweren Restprogramms in diesem Jahr. Sonst wird es eng. Für den HBW – und vielleicht sogar noch für den Trainer. Obwohl es an dem sicher nicht liegt. Denn Brack macht Feuer, nicht nur beim Einlaufen.