Seit der Eröffnung im Mai steckt das Hospiz in Göppingen in einer Dauer-Telefonkrise, weil die Telekom ein Leitungsproblem nicht in den Griff bekommt. Notrufe gehen deswegen immer wieder fehl.

Göppingen - Jahrelang hat sich der Hospizverein dafür eingesetzt, seit Mai ist es da: im Hospiz in Göppingen-Faurndau werden Menschen in ihren letzten Lebenswochen betreut. Die Zimmer sind freundlich, die Mitarbeiter mitfühlend, der kleine Park vor dem Haus einladend, und es gibt viel Raum für Angehörige, die ihren Lieben zur Seite stehen möchten. Doch eines gibt es nicht, eine zuverlässige Telefonverbindung zur Welt außerhalb des Hospizes. Seit der Eröffnung im Mai versuchen der ehrenamtliche Geschäftsführer Georg Kolb und die Hospizleiterin Martha Alfia, die Telekom dazu zu bringen, das Problem zu lösen – bisher erfolglos.

 

Immer wieder kommen Anrufe nicht durch, obwohl die Leitungen eigentlich frei sind. „Wir würden unseren Telefonanbieter gerne wechseln, aber das ist nicht so einfach“, sagt der entnervte Kolb. Denn ob dann die Probleme gelöst würden, sei nicht sicher. Außerdem seien die Telefonnummern der Einrichtung an zahllose Pflegedienste, Krankenhäuser und Ärzte verteilt worden. „Wir können nicht einfach alles wieder ändern.“ Auch die monatliche Telefonrechnung von rund 300 Euro nicht zu zahlen, bis alles funktioniere, sei keine Alternative. „Sonst stellen die uns die Telefone noch ganz ab.“

Angehörige bringen Todkranken Handys statt Blumen mit

Anfangs waren viele Angehörige in heller Aufregung, weil sie immer wieder vergeblich versuchten, ihre todkranken Familienmitglieder zu erreichen. Inzwischen behelfen sich viele damit, ihren Verwandten Mobiltelefone ins Hospiz zu bringen. Noch schlimmer ist, dass auch die ambulanten Dienste im Haus betroffen sind. Es komme häufig vor, dass Leute Bereitschaftsdienst hätten, aber Anrufe nicht bei ihnen ankämen. Dies betreffe auch Notrufe Angehöriger, die Sterbende zu Hause pflegten, sagt Kolb. Die Anrufer hörten ein Belegtzeichen, obwohl die Leitung frei sei, die Angerufenen bekämen schlicht nichts von den Kontaktversuchen mit. In anderen Fällen seien SMS über entgangene Anrufe erst einen Tag später eingegangen – viel zu spät, um einem Todkranken in einer Krise beizustehen.

Dass die Probleme an der Telefonanlage liegen, bezweifelt Kolb. Eine Elektrofirma habe sie inzwischen drei- oder viermal durchgecheckt. Offenbar handle es sich um ein Leitungsproblem der Telekom.

Zunächst hatte man gedacht, das Hospiz habe zu wenig Leitungskapazitäten. Die Telekom riet aufzurüsten. Deswegen kaufte das Hospiz noch im Mai weitere Leitungen dazu. Geändert hat sich dadurch nichts. Ein Techniker, den die Telekom im Sommer vorbeischicken wollte, tauchte laut Kolb nicht auf. Auf Nachfrage habe die Telekom erklärt, der Mann habe den Weg nicht gefunden. „Auf der nächsten Monatsabrechnung wurden aber trotzdem 40 Euro für den Besuch, der nie stattgefunden hat, abgerechnet“, berichtet Kolb. Im Herbst habe die Telekom dann einen 72-Stunden-Test der Leitungen angekündigt. Man werde sich mit dem Ergebnis zurückzumelden. Doch auch das ist offenbar nicht geschehen.

Anrufe in den Callcentern bleiben vergeblich

Kolb und Alfia rufen immer wieder das Callcenter und die Störungsnummer des Unternehmens an. „Jedes Mal haben wir einen anderen Mitarbeiter dran, dem wir die ganze Geschichte erneut von A bis Z erzählen müssen. Dann werden wir vertröstet, und es passiert nichts“, sagt Kolb aufgebracht. Er habe deswegen im September auch die Konzernleitung angeschrieben, aber keine Antwort erhalten.

Was Kolb und Alfia besonders erstaunt: je nachdem, von welchem Telefonanbieter aus man versucht, das Hospiz zu erreichen, klappt es oder eben nicht. Als Kolb in einem Selbstversuch von seinem Handy über das zur Telekom gehörende D1-Netz eine Hospiznummer wählte, kam er problemlos durch. Als eine Mitarbeiterin von ihrem Vodafone-Handy sofort danach die gleiche Nummer wählte, ertönte das Belegtzeichen, obwohl die Leitung frei war. Elektriker, mit denen Kolb gesprochen hat, mutmaßen deshalb, dass die Leitungen nicht für alle Telefonanbieter freigeschaltet sind. Warum die Telekom sie nicht freigeschaltet bekommt, können sie sich allerdings nicht erklären.

Und die Telekom? Die war am Dienstag nicht in der Lage, eine Stellungnahme abzugeben. Das Thema sei leider noch in der Recherche-Abteilung, hieß es am Abend.