Um das weltbekannte IT-Unternehmen nicht an Stuttgart zu verlieren, erwägen Verwaltung und Gemeinderat ungewöhnliche Schritte: Sie bieten dem Softwarehersteller ihr neues Verwaltungszentrum an, das gerade am Bahnhof gebaut wird.

Göppingen - So etwas gab es in der Region Stuttgart wohl noch selten: Die Stadt Göppingen bietet dem Softwarehersteller Teamviewer ihr neues Verwaltungszentrum an, das zurzeit für rund 25 Millionen Euro am Bahnhof gebaut wird. Eigentlich hätte im Herbst der Umzug der städtischen Mitarbeiter aus dem alten Technischen Rathaus am Nordring sowie aus einigen weiteren, in der Stadt verstreuten Verwaltungsgebäuden in das neue, von vielen als Rathaus II bezeichnete Gebäude, beginnen sollen. Kommt der Deal zustande, werden die Mitarbeiter der Stadt noch eine ganze Weile warten müssen, bevor sie einen neuen Arbeitsplatz bekommen.

 

Ursprünglich wollte Teamviewer aufs Müller-Areal ziehen

So umstritten der Neubau im Gemeinderat über Jahre hinweg war, so einig waren sich die Stadträte am Donnerstagabend über den möglichen Verkauf des 131 Meter langen und fünf Stockwerke hohen Gebäudes. Denn keine Fraktion wollte das Risiko eingehen, den weltbekannten Softwarehersteller Teamviewer zu verlieren. Das Unternehmen hatte schon vor einiger Zeit angekündigt, dass es ein größeres Domizil brauche, weil es stark wachse und die Zahl der rund 400 Mitarbeiter steige. Bisher ist das Unternehmen in den ehemaligen Räumen der Kreissparkasse an der Jahnstraße neben dem Parkhaus und der IHK ansässig.

Ursprünglich hatten die Stadtverwaltung und Teamviewer ausgemacht gehabt, dass das Unternehmen in einen Neubau ziehen könnte, den ein Investor auf dem ehemaligen Gelände der Pharmafirma Müller am Fischbergle errichten sollte. Doch bis die neuen Pläne für das Areal am westlichen Ende der Innenstadt fertig sind und die Bebauung steht, wird es wohl noch mindestens drei Jahre dauern. Zu lang, befand Teamviewer und begann sich nach Alternativen umzusehen. Dabei habe das Unternehmen auch ein Angebot der Stadt Stuttgart wieder ins Auge gefasst, das eigentlich bereits aus dem Rennen gewesen sei, berichtete der Göppinger Oberbürgermeister Guido Till am Donnerstagabend im Gemeinderat.

Die Verhandlungen stehen noch am Anfang

Die Stadt habe deshalb schnell reagiert und einen Verkauf des Verwaltungszentrums ins Spiel gebracht, sagte Till. Ein Investor solle das Gebäude von der Stadt kaufen, fertigstellen und dann an Teamviewer vermieten. Die Gespräche seien freilich noch am Anfang. Klar sei, dass die Sache ein Nullsummenspiel für die Stadt werden müsse, sprich: Die Kosten, die der Stadt durch den Bau und die Planung entstanden seien, müssten ersetzt werden. Till sagte, er könne sich außerdem gut vorstellen, als Ersatz für das Verwaltungszentrum am Bahnhof das Müller-Gelände schnell weiter zu entwickeln und dort zum einen Neubau für die Verwaltung zu erstellen und zum anderen hochwertigen Wohnraum zu schaffen.

Die Fraktionen waren allesamt angetan vom schnellen Handeln der Stadtverwaltung. Solange die Stadt bei dem Deal nicht draufzahle, spreche nichts dagegen, das Verwaltungszentrum dem Unternehmen zu überlassen, war die einhellige Meinung der Stadträte. Der CDU-Chef Felix Gerber etwa sprach der Stadt „ein Lob“ dafür aus, dass sie versuche einen Weltmarktführer zu halten. Manchmal werde man eben von den Ereignissen überrollt, sagte der SPD-Chef Armin Roos. Auch wenn es bedauerlich sei, dass die städtischen Mitarbeiter nicht wie geplant umziehen könnten, sei es richtig, sich um Teamviewer zu bemühen, solange „das Gesamtpaket stimmt“. Der Grünen-Chef Christoph Weber sah in der schnellen Weiterentwicklung des Müller-Areals außerdem eine Chance, die städtebauliche Entwicklung der Innenstadt schnell voranzubringen.