Deutlich mehr Frauen als bisher sollen nach dem Willen der grün-roten Landesregierung vom 25. Mai an in den Kommunalparlamenten sitzen. Doch Göppingens Kreispolitik kommt da nur ganz langsam voran.

Region: Corinna Meinke (com)

Göppingen - Kann I net, will I net,“ ist laut Werner Stöckle die häufigste Reaktion von Frauen gewesen, die er zur Kandidatur für den Göppinger Kreistag aufgefordert hat. Ob der Sprecher der Freien Wähler im Kreistag so viele Körbe erhalten hat, weil seine männerdominierte Fraktion nicht gerade als Speerspitze des frauenpolitischen Fortschritts gilt, ist nicht bekannt, jedenfalls war die Suche nach Kandidatinnen für viele Listen kein Spaziergang.

 

3,7 Prozent mehr Frauen auf den Listen

Nun stehen immerhin 130 Frauennamen auf den Wahlvorschlägen der zehn Wahlkreise für den Göppinger Kreistag. Das ist eine Steigerung um 3,7 Prozent im Vergleich zur Wahl vor fünf Jahren, die dem 65-köpfigen Gremium lediglich 14 Frauen bescherte. Für die geringe Repräsentanz der Frauen gibt es mehrere Ursachen: „Viele Frauen unterschätzen sich leider“, hat Dagnija Brühl festgestellt. Die Diplomsozialpädagogin aus Süßen, die zehn Jahre lang das Kinder- und Jugendbüro in Eislingen leitete und jetzt auf der grünen Liste für den Kreistag kandidiert, ist sich sicher, dass Frauen ihr Licht allzu leicht unter den Scheffel stellen. Nicole Razavi beschreibt das so: „Frauen wägen mehr ab und überlegen eher, ob sie der Aufgabe gewachsen sind“. Die langjährige CDU-Kreisvorsitzende hat ihren Hut in den kommunalpolitischen Ring geworfen, um den Generationenmix und den Geschlechterproporz zu verbessern. „Da können Frauen Signale setzen“, sagt die verkehrspolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, die naturgemäß die Aufgabenstellungen der Kreispolitik rund um B 10, S-und Autobahn besonders reizen. Gemessen an der Mitgliederzahl einer großen Volkspartei fällt das Kandidatinnenaufgebot der CDU allerdings besonders schmal aus. So haben sich im Wahlkreis Göppingen lediglich drei Frauen finden lassen, die für die CDU antreten.

Immerhin finden sich darunter die prominenten Namen der Landtagsabgeordneten Jutta Schiller und der Malerin Anneliese Hermes. Hermes möchte mit ihren Talenten den Kreistag beflügeln, Naturschutz und Tourismus im Kreis fördern und hofft, dass weitere Powerfrauen gewählt werden wie die Erste Göppinger Bürgermeisterin, Gabriele Zull.

Zull ärgert sich über überkommene Reflexe

Zull tritt mit der Kandidatur in die Fußstapfen ihres Vorgängers Jürgen Lämmle und beweist, dass Netzwerken zwischen den kommunalpolitischen Ebenen längst keine Männerdomäne mehr ist. „Fragt ihr die Väter auch, wie sie das politische Engagement mit der Familienarbeit verbinden können?“, kontert die Kandidatin für die Freien Wähler die überkommenen Reflexe einer Umgebung, die sich derweil Gedanken um das Wohl von Zulls Sohn macht.

Solche Anwürfe sind Brigitte Pullmann aus Ebersbach erspart geblieben, ihre Kinder waren aus dem Gröbsten raus, als sie in die Politik strebte. Lehrgeld hat die Sozialdemokratin anfangs im Technischen Ausschuss bezahlen müssen, wo ihr die Männer alles erklären wollten. Dabei ist sie sich mit Martina Zeller-Mühleis von den Grünen einig, dass sich Frauen ruhig zu ihren technischen Kompetenzen bekennen sollten. Zeller-Mühleis ist übrigens die einzige Fraktionssprecherin und vertritt neben zwei Männern fünf Frauen. Das ist der höchste Anteil weiblicher Kreisräte einer Gruppierung.